
Normalerweise könnten Sie sich bei Ihrem Theaterbesuch ein Programmheft kaufen. Anlässlich des Streams von Woyzeck Interrupted von Mahin Sadri und Amir Reza Koohestani nach Georg Büchner (Übersetzung: Sima Djabar Zadegan) bieten wir Ihnen nun digitales Bonusmaterial! Viel Spaß beim Stöbern!

Trailer "Woyzeck Interrupted"
Stückeinführung von Dramaturg John von Düffel

Videointerview mit Amir Reza Koohestani
Amir Reza Koohestani, der Regisseur von Woyzeck Interrupted, erzählt im Videointerview mit Dramaturgin Sima Djabar Zadegan von der Arbeit an der Inszenierung.
Werkgespräch mit Ko-Autorin Mahin Sadri
Im Vorfeld der Stream-Premiere von Woyzeck Interrupted traf sich Dramaturgin und Übersetzerin Sima Djabar Zadegan mit der Autorin Mahin Sadri zum Werkgespräch: Sie sprechen über die Arbeit an dem Stück, das sie gemeinsam mit Regisseur Amir Reza Koohestani nach Georg Büchner entwickelte und die Besonderheit des Themas.
Liebe Mahin, zusammen mit Amir Reza hast Du Woyzeck Interrupted geschrieben. Was hat Dich am meisten an der Idee gereizt, ein neues Stück über Gewalt gegen Frauen, insbesondere Gewalt in Partnerschaften, in Anlehnung an Büchner zu schreiben?
Bei Femiziden, also der Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, denke ich an erster Stelle an die vielen Frauen, die ihre Stimme in den letzten Jahren dagegen erhoben haben. Und ich sehe die Angst und Ablehnung, die ihnen und anderen unterdrückten Minderheiten entgegenschlägt, wenn sie an den bestehenden Machtverhältnissen rütteln. Die Gewalt gegen Frauen in den Fokus zu rücken, der verborgenen Dimension dahinter nachzuspüren, ist ein wichtiges und interessantes Unterfangen für mich als Dramatikerin. Was vordergründig in einem Stück auf der Bühne passiert, habe ich stets hinterfragt. Die Dinge sind meist anders, wie sie erscheinen. Auch die Gewalt gegen Frauen hat ihren Ursprung auf einer tieferen Ebene. In unserem Stück wollen wir die Gewalt in Partnerschaften thematisieren, denn die Statistiken zeigen das erschreckende Ausmaß: Gewalttaten gegen Frauen ereignen sich mehrheitlich in Partnerschaften, in allen gesellschaftlichen Schichten, in allen Ländern. Sie sind kein Randphänomen, das ausgelagert werden kann auf tiefere Gesellschaftsschichten oder Entwicklungsländer, sondern sie finden überall statt. Wir sehen die verschiedenen Erscheinungsformen, aber das verbindende Muster wird nach wie vor oft außer Acht gelassen. Georg Büchners inspirierten damals Zeitungsberichte über Femizide zum Stück Woyzeck – das ist wiederum ein spannender Ausgangspunkt für mich heute.
Gab es zwischen Euch Ko-Autor_innen während des Schreibprozesses unterschiedliche Sichtweisen auf diese Thematik?
Amir Reza und ich arbeiten seit bald 18 Jahren zusammen in unterschiedlichen Konstellationen. Wir haben selten grundlegend unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema, aber unsere Methode beim Schreiben und Herangehensweise an eine Stückentwicklung ist sehr verschieden. Amir Reza denkt zuerst viel nach und beginnt dann zu schreiben. Ich bin das Gegenteil: Erst wenn ich schreibe, geht bei mir der gedankliche Prozess los. Meist arbeite ich an mehreren Projekten gleichzeitig. Sobald aber ein Gedanke zündet, arbeite ich konzentriert und ausgiebig an der einen Idee. Ich schreibe sehr schnell einen ersten Entwurf, dann verwerfe oder überarbeite ich diesen. Manchmal bleiben nur fünf Prozent vom ersten Text übrig und den Rest streiche ich. Wenn ich mit Amir Reza arbeite, muss ich also viel früher als er anfangen, zu schreiben und zu redigieren, bis ich auf einen Entwurf komme, den ich ihm geben kann. Auf dieser Grundlage kann Amir Reza den Text weiterentwickeln, je nachdem, wie er die Szene aufbauen und inszenieren will. Ich fokussiere mich sehr auf die Figurenrede und auf was darin verhandelt wird. Amir Reza geht mehr von einer szenischen Situation oder einem Bild aus und überlegt sich erst danach, was darin genau gesprochen und verhandelt werden soll. Bis jetzt haben wir diese Gegensätzlichkeit ganz gut ausgehalten.
Einen Teil des Stücks habt Ihr geschrieben, während Du in Teheran warst und Amir Reza schon in Berlin geprobt hat. Wie verlief dieser “long distance-Schreibprozess"?
Durch die Pandemie haben wir uns alle daran gewöhnt, aus der räumlichen Distanz heraus zu arbeiten. Und für Amir Reza und mich war das schon vorher Alltag, weil wir oft beruflich unterwegs sind. Viele unserer gemeinsamen Arbeiten sind entstanden, während entweder er oder ich oder wir beide auf Reisen waren in unterschiedlichen Orten. Wie vorher gesagt, ich schreibe aus dem Impuls, begegne dem Text gerne in der noch undefinierten, unbekannten Entstehungsphase und lasse mich überraschen. Daher sende ich meistens den ersten Entwurf. Amir Reza, der sehr überlegt vorgeht beim Schreiben, arbeitet dann an diesem weiter. So schicken wir uns die Texte zu und die Distanz dabei fällt nicht allzu sehr ins Gewicht. Natürlich ist die Nähe trotzdem von Vorteil, gerade bei Stückentwicklungen wie dieser. Wenn ich als Autorin bei den Proben dabei sein kann, ist es einfacher für mich einschätzen, in welche Richtung sich die weiteren Szenen entwickeln sollen. Das war unter den aktuellen Umständen leider nicht möglich.
Fragen und Übersetzung aus dem Persischen: Sima Djabar Zadegan
Bei Femiziden, also der Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, denke ich an erster Stelle an die vielen Frauen, die ihre Stimme in den letzten Jahren dagegen erhoben haben. Und ich sehe die Angst und Ablehnung, die ihnen und anderen unterdrückten Minderheiten entgegenschlägt, wenn sie an den bestehenden Machtverhältnissen rütteln. Die Gewalt gegen Frauen in den Fokus zu rücken, der verborgenen Dimension dahinter nachzuspüren, ist ein wichtiges und interessantes Unterfangen für mich als Dramatikerin. Was vordergründig in einem Stück auf der Bühne passiert, habe ich stets hinterfragt. Die Dinge sind meist anders, wie sie erscheinen. Auch die Gewalt gegen Frauen hat ihren Ursprung auf einer tieferen Ebene. In unserem Stück wollen wir die Gewalt in Partnerschaften thematisieren, denn die Statistiken zeigen das erschreckende Ausmaß: Gewalttaten gegen Frauen ereignen sich mehrheitlich in Partnerschaften, in allen gesellschaftlichen Schichten, in allen Ländern. Sie sind kein Randphänomen, das ausgelagert werden kann auf tiefere Gesellschaftsschichten oder Entwicklungsländer, sondern sie finden überall statt. Wir sehen die verschiedenen Erscheinungsformen, aber das verbindende Muster wird nach wie vor oft außer Acht gelassen. Georg Büchners inspirierten damals Zeitungsberichte über Femizide zum Stück Woyzeck – das ist wiederum ein spannender Ausgangspunkt für mich heute.
Gab es zwischen Euch Ko-Autor_innen während des Schreibprozesses unterschiedliche Sichtweisen auf diese Thematik?
Amir Reza und ich arbeiten seit bald 18 Jahren zusammen in unterschiedlichen Konstellationen. Wir haben selten grundlegend unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema, aber unsere Methode beim Schreiben und Herangehensweise an eine Stückentwicklung ist sehr verschieden. Amir Reza denkt zuerst viel nach und beginnt dann zu schreiben. Ich bin das Gegenteil: Erst wenn ich schreibe, geht bei mir der gedankliche Prozess los. Meist arbeite ich an mehreren Projekten gleichzeitig. Sobald aber ein Gedanke zündet, arbeite ich konzentriert und ausgiebig an der einen Idee. Ich schreibe sehr schnell einen ersten Entwurf, dann verwerfe oder überarbeite ich diesen. Manchmal bleiben nur fünf Prozent vom ersten Text übrig und den Rest streiche ich. Wenn ich mit Amir Reza arbeite, muss ich also viel früher als er anfangen, zu schreiben und zu redigieren, bis ich auf einen Entwurf komme, den ich ihm geben kann. Auf dieser Grundlage kann Amir Reza den Text weiterentwickeln, je nachdem, wie er die Szene aufbauen und inszenieren will. Ich fokussiere mich sehr auf die Figurenrede und auf was darin verhandelt wird. Amir Reza geht mehr von einer szenischen Situation oder einem Bild aus und überlegt sich erst danach, was darin genau gesprochen und verhandelt werden soll. Bis jetzt haben wir diese Gegensätzlichkeit ganz gut ausgehalten.
Einen Teil des Stücks habt Ihr geschrieben, während Du in Teheran warst und Amir Reza schon in Berlin geprobt hat. Wie verlief dieser “long distance-Schreibprozess"?
Durch die Pandemie haben wir uns alle daran gewöhnt, aus der räumlichen Distanz heraus zu arbeiten. Und für Amir Reza und mich war das schon vorher Alltag, weil wir oft beruflich unterwegs sind. Viele unserer gemeinsamen Arbeiten sind entstanden, während entweder er oder ich oder wir beide auf Reisen waren in unterschiedlichen Orten. Wie vorher gesagt, ich schreibe aus dem Impuls, begegne dem Text gerne in der noch undefinierten, unbekannten Entstehungsphase und lasse mich überraschen. Daher sende ich meistens den ersten Entwurf. Amir Reza, der sehr überlegt vorgeht beim Schreiben, arbeitet dann an diesem weiter. So schicken wir uns die Texte zu und die Distanz dabei fällt nicht allzu sehr ins Gewicht. Natürlich ist die Nähe trotzdem von Vorteil, gerade bei Stückentwicklungen wie dieser. Wenn ich als Autorin bei den Proben dabei sein kann, ist es einfacher für mich einschätzen, in welche Richtung sich die weiteren Szenen entwickeln sollen. Das war unter den aktuellen Umständen leider nicht möglich.
Fragen und Übersetzung aus dem Persischen: Sima Djabar Zadegan
Mahin Sadri wurde 1979 in Rasht, Iran geboren. Nach dem Studium der deutschen Sprache in Teheran folgten erste Arbeiten mit Regisseur Amir Reza Koohestani und dem Kollektiv Mehr Theatre Group, in dem sie über 17 Jahre als Schauspielerin, Dramatikerin und Regisseurin mitwirkte. Die Gruppe produzierte zahlreiche Stücke in Iran, die auf internationalen Festivals zu sehen waren, u. a. Festival d'Avignon, Wiener Festwochen sowie Under The Radar Festival in New York. Neben dem Theater hat sie auch Drehbücher geschrieben, Kurzfilme gedreht und war Journalistin für Theater in verschiedenen Magazinen. Ihr am Fajr Theatre Festival Teheran prämiertes Stück Acclimatization wurde im Residenztheater München in Kooperation mit dem Goethe-Institut und am R.E.A.D. Festival in Helsinki in Lesungen vorgestellt.In den letzten Jahren war Mahin Sadri an den Münchner Kammerspielen als Schauspielerin zu sehen (Der Fall Meursault - eine Gegendarstellung, Die Attentäterin und Macbeth). Das Stück Woyzeck Interrupted, das sie mit Ko Autor Amir Reza Koohestani verfasst hat, ist ihre erste Arbeit am Deutschen Theater Berlin.

Im Rahmen der Streams für das digitale Klassenzimmer stellen wir Woyzeck Interrupted für Lehrende und ihre Schulklassen zur Verfügung. Wir sind der Meinung: Ein Drama im Unterricht nur zu lesen, wird der Gattung nicht gerecht, denn es wurde für die Bühne geschrieben. Daher war es uns ein Anliegen, auch in Zeiten geschlossener Zuschauersäle ein Theatererlebnis im Unterricht möglich zu machen. Es gibt daher, begleitend zum Stream, umfangreiches Schulmaterial!