Alte Meister

nach Thomas Bernhard
Inszenierung Thom Luz
Musikalische Leitung Mathias Weibel
Dramaturgie David Heiligers
Premiere
14. September 2018, Kammerspiele
Katharina MatzFrau Reger
Christoph FrankenIrrsigler
Camill JammalIrrsigler
Wolfgang MenardiIrrsigler
Daniele PintaudiAtzbacher
Camill JammalKlaviere
Daniele PintaudiKlaviere
nachtkritik.de
Christian Rakow, 14.09.2018
Bernhards Roman-Komposition wurde mit der Kunst der Fuge verglichen, als gleichsam musikalische Durchführung, Variation und Umkehrung von Themen. Und mindestens darin müsste sein Werk Thom Luz liegen. Zumal sich in den Themen eine Liebe zum Schrulligen und Eigentümlichen niederschlägt, die Luz nicht fremd ist. Bernhards Figuren sind ja im Kern ungewöhnliche Gewohnheitsmenschen, Pedanten, die sich auf abseitige Routinen verlegen, die sich gleichsam aus dem Alltag verrücken. Das Wort "verrückt" bekommt bei Bernhard eine sehr fassliche Bedeutung. [...]

Thom Luz zelebriert diese Schrullen, wenn er seinen Pianisten Daniele Pintaudi mit schonungsloser Penetranz endlos den salonsüßlichen Steiermärker von Anton Bruckner repetieren lässt. Er findet surreale Momente, wo seine Museumswärter fast wie die Anzugträger auf Gemälden von René Magritte durchsichtig werden, ihre Köpfe durch die Museumswände stecken oder durch diese Wände (die sich dabei als Vorhänge entpuppen) ganz entschwinden. Die Bühne von Thom Luz und Wolfgang Menardi ist fraglos ein Wurf. [...]
Bernhards Roman-Komposition wurde mit der Kunst der Fuge verglichen, als gleichsam musikalische Durchführung, Variation und Umkehrung von Themen. Und mindestens darin müsste sein Werk Thom Luz liegen. Zumal sich in den Themen eine Liebe zum Schrulligen und Eigentümlichen niederschlägt, die Luz nicht fremd ist. Bernhards Figuren sind ja im Kern ungewöhnliche Gewohnheitsmenschen, Pedanten, die sich auf abseitige Routinen verlegen, die sich gleichsam aus dem Alltag verrücken. Das Wort "verrückt" bekommt bei Bernhard eine sehr fassliche Bedeutung. [...]

Thom Luz zelebriert diese Schrullen, wenn er seinen Pianisten Daniele Pintaudi mit schonungsloser Penetranz endlos den salonsüßlichen Steiermärker von Anton Bruckner repetieren lässt. Er findet surreale Momente, wo seine Museumswärter fast wie die Anzugträger auf Gemälden von René Magritte durchsichtig werden, ihre Köpfe durch die Museumswände stecken oder durch diese Wände (die sich dabei als Vorhänge entpuppen) ganz entschwinden. Die Bühne von Thom Luz und Wolfgang Menardi ist fraglos ein Wurf. [...]
der Freitag
Stefan Bock, 15.09.2018
Am Deutschen Theater Berlin inszeniert Thom Luz Thomas Bernhards Roman als minimalistische Geisterséance [...] Am Deutschen Theater Berlin inszeniert Thom Luz Thomas Bernhards Roman als minimalistische Geisterséance [...]
Berliner Morgenpost
Katrin Pauly, 16.09.2018
Natürlich ist da wieder Nebel. Eine fette weiße Wand trennt die Rampe vom Bühnenraum der Kammerspiele im Deutschen Theater. Ein halb durchsichtiger Gazevorhang davor macht das bisschen Licht, was nach und nach durchbricht, noch extra diffus. Es ist ja immer Nebel, wenn der Schweizer Regisseur Thom Luz inszeniert. In seinen Inszenierungen verschleiert er mit dicken Schwaden die Realität, baut aus ihnen Zwischenräume, haucht allem wabernde Vergänglichkeit ein. [...]

Der Nebel im Bühnenraum, der hier also für eine nicht reale, sondern eine erinnerte, vielleicht sogar nur imaginierte Welt steht und dem Regisseur Tür und Tor für eine surreale Geisterstunde öffnet, hat sich inzwischen langsam verzogen. Ein weißer, klassizistisch anmutender Museumssaal tut sich auf. Man sieht Schatten, die sich bald als eine verdreifachte Version Irrsiglers herausstellen, gespielt von Christoph Franken, Camill Jammal und Wolfgang Menardi. [...]

Wo sie sich aber definitiv treffen, Thomas Bernhard, der Beschimpfer, und Thom Luz, der sanfte Bühnenpoet, das ist in der Musik. Bernhards Text ist komponiert aus Wiederholungen, Umkehrungen, Reprisen. Und auch Thom Luz hat seinen Abend sorgsam choreografiert und arrangiert [...]

Mit Musik und Licht, mit großer Freude an absurden Details in einem einnehmenden Bühnensetting. Das ist fraglos hübsch anzusehen, bisweilen auch komisch. Viel vom Theatermagier Thom Luz ist hier zu sehen. [...]
Natürlich ist da wieder Nebel. Eine fette weiße Wand trennt die Rampe vom Bühnenraum der Kammerspiele im Deutschen Theater. Ein halb durchsichtiger Gazevorhang davor macht das bisschen Licht, was nach und nach durchbricht, noch extra diffus. Es ist ja immer Nebel, wenn der Schweizer Regisseur Thom Luz inszeniert. In seinen Inszenierungen verschleiert er mit dicken Schwaden die Realität, baut aus ihnen Zwischenräume, haucht allem wabernde Vergänglichkeit ein. [...]

Der Nebel im Bühnenraum, der hier also für eine nicht reale, sondern eine erinnerte, vielleicht sogar nur imaginierte Welt steht und dem Regisseur Tür und Tor für eine surreale Geisterstunde öffnet, hat sich inzwischen langsam verzogen. Ein weißer, klassizistisch anmutender Museumssaal tut sich auf. Man sieht Schatten, die sich bald als eine verdreifachte Version Irrsiglers herausstellen, gespielt von Christoph Franken, Camill Jammal und Wolfgang Menardi. [...]

Wo sie sich aber definitiv treffen, Thomas Bernhard, der Beschimpfer, und Thom Luz, der sanfte Bühnenpoet, das ist in der Musik. Bernhards Text ist komponiert aus Wiederholungen, Umkehrungen, Reprisen. Und auch Thom Luz hat seinen Abend sorgsam choreografiert und arrangiert [...]

Mit Musik und Licht, mit großer Freude an absurden Details in einem einnehmenden Bühnensetting. Das ist fraglos hübsch anzusehen, bisweilen auch komisch. Viel vom Theatermagier Thom Luz ist hier zu sehen. [...]
Der Tagesspiegel
Christine Wahl, 16.09.2018
Der Roman ist auf wenige Kernpassagen reduziert, die dann vom verdreifachten Museumswärter Irrsigler (Christoph Franken, Camill Jammal und Wolfgang Menardi) betont auf Pointe intoniert werden. Das Trio steckt die Köpfe durch vermeintliche Wände, unterhält sich putzig über Funkgeräte und bewegt sich bei alledem hinter einer Gazewand im Nebel, der sich langsam lichtet und einen weißen Museumssaal freigibt. Vor diesem White Cube sitzt die große Schauspielerin Katharina Matz als "Frau Reger" in dem von Luz und Menardi kreierten Bühnenbild auf einer Museumsbank und wirkt vor allem: menschenfreundlich. Ja, möglicherweise eine "Liebeserklärung". [...] Der Roman ist auf wenige Kernpassagen reduziert, die dann vom verdreifachten Museumswärter Irrsigler (Christoph Franken, Camill Jammal und Wolfgang Menardi) betont auf Pointe intoniert werden. Das Trio steckt die Köpfe durch vermeintliche Wände, unterhält sich putzig über Funkgeräte und bewegt sich bei alledem hinter einer Gazewand im Nebel, der sich langsam lichtet und einen weißen Museumssaal freigibt. Vor diesem White Cube sitzt die große Schauspielerin Katharina Matz als "Frau Reger" in dem von Luz und Menardi kreierten Bühnenbild auf einer Museumsbank und wirkt vor allem: menschenfreundlich. Ja, möglicherweise eine "Liebeserklärung". [...]
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Irene Bazinger, 18.09.2018
In den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin dreht der Regisseur Thom Luz die Spirale der gebrochenen Darstellung in seiner liebevollen Fassung "nach Thomas Bernhard" noch weiter. Denn hier gibt es kein Gemälde, sondern einen offenbar leeren, jedenfalls strahlend weißen Raum, der an die begehbaren Lichtinstallationen von James Turrell erinnert. [...]

Thom Luz inszeniert Regers unedliche Suada über die Unmöglichkeit der Welt und die Unerträglichkeit Österreichs inklusive der Werke von Adalbert Stifter, Anton Bruckner und Martin Heidegger als anmutig komischen, grotesk präzisen Leerlauf durch die Schattenzonen des Absurden. [...]

Die Textblöcke werden von den Museumswärtern mal chorisch versetzt, mal einzeln oder als bizarre Dialoge aufbereitet. In der wattigen Weiße des Saales finden sie einen verstörend unbeteiligten Echoraum, was ihnen aber nicht die Schlagkraft nimmt, im Gegenteil: Je zielloser die Worte zu fallen scheinen, desto energischer zielen sie ins Publikum und ziehen es, magisch aufgeladen, in ihren Bann. [...]

In der geistreichen, filigran-schönen Inszenierung von Thom Luz verliert "Alte Meister" an Bedeutungslast, gewinnt dafür an dynamischer Dramatik und anarchischer Unterhaltsamkeit. Wie ein vorzügliches Streichquartett bringt das Ensemble das Romanstück subtil und emphatisch in herzinnglichen Schwung. Und so bekommt Thomas Bernhards mürrische Kunstbetrachtung eine ganz neue Dimension: Sie lässt sich mit den Augen anhören und mit den Ohren ansehen. Was für ein Vergnügen!
In den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin dreht der Regisseur Thom Luz die Spirale der gebrochenen Darstellung in seiner liebevollen Fassung "nach Thomas Bernhard" noch weiter. Denn hier gibt es kein Gemälde, sondern einen offenbar leeren, jedenfalls strahlend weißen Raum, der an die begehbaren Lichtinstallationen von James Turrell erinnert. [...]

Thom Luz inszeniert Regers unedliche Suada über die Unmöglichkeit der Welt und die Unerträglichkeit Österreichs inklusive der Werke von Adalbert Stifter, Anton Bruckner und Martin Heidegger als anmutig komischen, grotesk präzisen Leerlauf durch die Schattenzonen des Absurden. [...]

Die Textblöcke werden von den Museumswärtern mal chorisch versetzt, mal einzeln oder als bizarre Dialoge aufbereitet. In der wattigen Weiße des Saales finden sie einen verstörend unbeteiligten Echoraum, was ihnen aber nicht die Schlagkraft nimmt, im Gegenteil: Je zielloser die Worte zu fallen scheinen, desto energischer zielen sie ins Publikum und ziehen es, magisch aufgeladen, in ihren Bann. [...]

In der geistreichen, filigran-schönen Inszenierung von Thom Luz verliert "Alte Meister" an Bedeutungslast, gewinnt dafür an dynamischer Dramatik und anarchischer Unterhaltsamkeit. Wie ein vorzügliches Streichquartett bringt das Ensemble das Romanstück subtil und emphatisch in herzinnglichen Schwung. Und so bekommt Thomas Bernhards mürrische Kunstbetrachtung eine ganz neue Dimension: Sie lässt sich mit den Augen anhören und mit den Ohren ansehen. Was für ein Vergnügen!
Frankfurter Rundschau
Ulrich Seidler, 18.09.2018
Thom Luz versetzt Thomas Bernhards Alte Meister im Deutschen Theater Berlin in Schwingung. [...] Thom Luz versetzt Thomas Bernhards Alte Meister im Deutschen Theater Berlin in Schwingung. [...]
Junge Welt
René Hamann, 20.09.2018
Herrliche Hasstiraden und Abwurf bildungsbürgerlichen Ballastes [...]

Thom Luz hat eine Art Herbert-Fritsch-Zugang gewählt: Etwas recht Altes in einen neuen Rahmen gesteckt, um auch die Komik, die bei Thomas Bernhard selbstredend immer schon da war, neu leuchten zu lassen. [...]

Dort spielen (sic!) Christoph Franken, Wolfgang Menardi und Camill Jammal drei Museumswärter, ausgestattet mit einschaltbaren Kragenmikrofonen. Sie werden als "Irrsigler" und "Atzbacher" geführt, also als Protagonisten des Bernhardschen Romans, und werfen sich munter die hübschen Satzkaskaden zu, während sie mit "sagte Reger" oder "sagte Irrsigler" so etwas wie eine weitere Ebene, einen Bruch mit ins Spiel bringen. Alles ist nebulös, aber auch leicht. [...]

"Alte Meister" ist eine lächeln machende Reminiszenz. Die anregt, noch einmal in die verstaubten Romane des großen österreichischen Grantlers zu gucken und sich neue Gedanken über die Wirkmacht von Schimpftiraden zu machen. Das ist die eine Leistung, die dieses Stück vollbringt. Die andere ist, dass es einen Theatersaal aufs angenehmste unterhält, und zwar auf eine musikalische und zeitgemäße Art.
Herrliche Hasstiraden und Abwurf bildungsbürgerlichen Ballastes [...]

Thom Luz hat eine Art Herbert-Fritsch-Zugang gewählt: Etwas recht Altes in einen neuen Rahmen gesteckt, um auch die Komik, die bei Thomas Bernhard selbstredend immer schon da war, neu leuchten zu lassen. [...]

Dort spielen (sic!) Christoph Franken, Wolfgang Menardi und Camill Jammal drei Museumswärter, ausgestattet mit einschaltbaren Kragenmikrofonen. Sie werden als "Irrsigler" und "Atzbacher" geführt, also als Protagonisten des Bernhardschen Romans, und werfen sich munter die hübschen Satzkaskaden zu, während sie mit "sagte Reger" oder "sagte Irrsigler" so etwas wie eine weitere Ebene, einen Bruch mit ins Spiel bringen. Alles ist nebulös, aber auch leicht. [...]

"Alte Meister" ist eine lächeln machende Reminiszenz. Die anregt, noch einmal in die verstaubten Romane des großen österreichischen Grantlers zu gucken und sich neue Gedanken über die Wirkmacht von Schimpftiraden zu machen. Das ist die eine Leistung, die dieses Stück vollbringt. Die andere ist, dass es einen Theatersaal aufs angenehmste unterhält, und zwar auf eine musikalische und zeitgemäße Art.
Berliner Zeitung
Irene Bazinger, 16.05.2019
Als „Komödie“ bezeichnete Thomas Bernhard im Untertitel seinen Roman „Alte Meister“ (1985), als hätte er ihn sich schon damals als Theaterstück vorstellen können. [...]

In den Kammerspielen des Deutschen Theaters inszeniert Regisseur Thom Luz die unendliche Suada des einen über die Unmöglichkeit der Welt und die Unerträglichkeit Österreichs inklusive der Werke von Adalbert Stifter, Anton Bruckner und Martin Heidegger als anmutig komischen, grotesk präzisen Leerlauf durch die Schattenzonen des Absurden.

Je zielloser die Worte zu fallen scheinen, desto energischer zielen sie ins Publikum und ziehen es, magisch aufgeladen, in ihren Bann. Wie ein vorzügliches Streichquartett bringen die Schauspieler den Text subtil und emphatisch in herzinniglichen Schwung. Und so bekommt Bernhards mürrische Kunstbetrachtung eine ganz neue Dimension: Sie lässt sich mit den Augen anhören und mit den Ohren ansehen. Und illustriert aufs Schönste, wie manche gebrochene Erwartung beglücken kann.
Als „Komödie“ bezeichnete Thomas Bernhard im Untertitel seinen Roman „Alte Meister“ (1985), als hätte er ihn sich schon damals als Theaterstück vorstellen können. [...]

In den Kammerspielen des Deutschen Theaters inszeniert Regisseur Thom Luz die unendliche Suada des einen über die Unmöglichkeit der Welt und die Unerträglichkeit Österreichs inklusive der Werke von Adalbert Stifter, Anton Bruckner und Martin Heidegger als anmutig komischen, grotesk präzisen Leerlauf durch die Schattenzonen des Absurden.

Je zielloser die Worte zu fallen scheinen, desto energischer zielen sie ins Publikum und ziehen es, magisch aufgeladen, in ihren Bann. Wie ein vorzügliches Streichquartett bringen die Schauspieler den Text subtil und emphatisch in herzinniglichen Schwung. Und so bekommt Bernhards mürrische Kunstbetrachtung eine ganz neue Dimension: Sie lässt sich mit den Augen anhören und mit den Ohren ansehen. Und illustriert aufs Schönste, wie manche gebrochene Erwartung beglücken kann.

Außerdem im Spielplan

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Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammerspiele
19.30 - 22.10

Dirk und ich

von und mit Marcel Kohler
Box
20.00 - 21.30
Mit englischen Übertiteln
von Sarah Kane
Regie: Ulrich Rasche
Deutsches Theater
20.00 - 22.30