
Ausweitung der Kampfzone
nach dem Roman von Michel Houellebecq
Ein namenloser IT-Spezialist, Angestellter eines Pariser Softwareunternehmens, unternimmt eine Dienstreise in die Provinz. Präzise und bestechend rational beschreibt er die Stationen seiner Vereinsamung, "das fortschreitende Verlöschen aller menschlichen Beziehungen", seinen Ekel, seinen Selbsthass – auch die Geilheit und Verzweiflung, mit der sein sexuell frustrierter Reisebegleiter und Arbeitskollege Tisserand auf die Welt und den weiblichen Körper blickt. Am Weihnachtsabend eskaliert die Situation. Nach dem Besuch einer Diskothek folgen die beiden einem jungen Liebespaar in die Dünen…
"Der Wirtschaftsliberalismus ist die erweiterte Kampfzone, das heißt, er gilt für alle Altersstufen und Gesellschaftsklassen. Ebenso bedeutet der sexuelle Liberalismus die Ausweitung der Kampfzone, ihre Ausdehnung auf alle Altersstufen und Gesellschaftsklassen", schreibt Houellebecq in seinem Romandebüt. Ausweitung der Kampfzone wurde in Windeseile zum Kultbuch, rückhaltlos gelobt und wütend bekämpft, zunächst in Frankreich, seit 1999 auch in Deutschland. Heute gilt der Roman als Pioniertat. Sein Titel ist zum Sprichwort geworden, die Kampfzonen zum Synonym für die Seelenlandschaften unserer Gesellschaft.
"Der Wirtschaftsliberalismus ist die erweiterte Kampfzone, das heißt, er gilt für alle Altersstufen und Gesellschaftsklassen. Ebenso bedeutet der sexuelle Liberalismus die Ausweitung der Kampfzone, ihre Ausdehnung auf alle Altersstufen und Gesellschaftsklassen", schreibt Houellebecq in seinem Romandebüt. Ausweitung der Kampfzone wurde in Windeseile zum Kultbuch, rückhaltlos gelobt und wütend bekämpft, zunächst in Frankreich, seit 1999 auch in Deutschland. Heute gilt der Roman als Pioniertat. Sein Titel ist zum Sprichwort geworden, die Kampfzonen zum Synonym für die Seelenlandschaften unserer Gesellschaft.
Regie Ivan Panteleev
Bühne Michael Graessner
Kostüme Daniela Selig
Licht Robert Grauel
Dramaturgie Bernd Isele
Premiere
8. September 2019
Kammerspiele
8. September 2019
Kammerspiele
Samuel Finzi

Lisa Hrdina

Marcel Kohler

Jeremy Mockridge

Kathleen Morgeneyer

Außerdem im Spielplan
Infotreffen
DT Jung*
Kick-Off der SpielKlubs
Die künstlerischen Leiter:innen der DT Jung* Spielklubs stellen die Klubs der neuen Spielzeit vor. Um Anmeldung wird gebeten.
Ort wird noch benannt
17:00
Vorstellung fällt leider aus
Regie: Jessica Weisskirchen
anschließend im Bühnenbild DT Kontext: Jetzt mit Anfassen! Das andere Publikumsgespräch
Leider muss die Vorstellung von Edward II. Die Liebe bin ich entfallen. Der Grund dafür sind Erkrankungen im Ensemble.
Box
19.30
Dann wieder verfällt man dem verdrucksten Charme von Marcel Kohler, der den Protagonisten als stoischen IT-Buster Keaton spielt, dessen dunklere Seiten sich erst langsam zeigen und der sich folgerichtig auch in einer Szene einen überdimensionierten Houellebecq-Kopf aufsetzt. An seiner Seite verzückt Finzi als noch verzweifelterer Versager, der sich mit Angelrute und Langhaarperücke in desaströse Disconächte hineintanzt und sich am Ende nonchalant ans Publikum richtet und klar macht: Die Houellebecq-Depression ist von uns allen nicht so weit entfernt wie wir gern hätten. […]
Regisseur Panteleev behält erkennbare Rollen und den Handlungsverlauf bei, verteilt die abgründigen und durchaus anregenden Monologe (darunter aktuellere Houellebecq-Essays über den Dschihadismus und den Feminismus) aber auf das gesamte Ensemble, auch auf die Frauen: Kathleen Morgeneyer und Lisa Hrdina durchbrechen das männliche Leid, zeigen, wie allgemeingültig die "Ausweitung der Kampfzone" als Analyse einer beziehungsgestörten Gesellschaft immer noch ist, ohne dass der Chauvinismus der Vorlage damit ausgelöscht oder befriedet werden würde. Weil hier der neurotische Kampf um beruflichen und sexuellen Erfolg zum ernsten Spiel und gleichzeitig zur ironischen Show wird, weil dieser Abend ambivalent und hilflos und lebendig ist und so [...] tatsächlich berührt. [...]
Dann wieder verfällt man dem verdrucksten Charme von Marcel Kohler, der den Protagonisten als stoischen IT-Buster Keaton spielt, dessen dunklere Seiten sich erst langsam zeigen und der sich folgerichtig auch in einer Szene einen überdimensionierten Houellebecq-Kopf aufsetzt. An seiner Seite verzückt Finzi als noch verzweifelterer Versager, der sich mit Angelrute und Langhaarperücke in desaströse Disconächte hineintanzt und sich am Ende nonchalant ans Publikum richtet und klar macht: Die Houellebecq-Depression ist von uns allen nicht so weit entfernt wie wir gern hätten. […]
Regisseur Panteleev behält erkennbare Rollen und den Handlungsverlauf bei, verteilt die abgründigen und durchaus anregenden Monologe (darunter aktuellere Houellebecq-Essays über den Dschihadismus und den Feminismus) aber auf das gesamte Ensemble, auch auf die Frauen: Kathleen Morgeneyer und Lisa Hrdina durchbrechen das männliche Leid, zeigen, wie allgemeingültig die "Ausweitung der Kampfzone" als Analyse einer beziehungsgestörten Gesellschaft immer noch ist, ohne dass der Chauvinismus der Vorlage damit ausgelöscht oder befriedet werden würde.
Panteleev beschränkt sich nicht auf den Roman, sondern verschneidet ihn mit Fremdtexten und Interviews des prominenten Autors. Der französische Autor ist ein Meister der Selbstinszenierung, das Spiel mit seiner Persönlichkeit lässt sich als integraler Bestandteil seines Werks bezeichnen. Hier setzt Ivan Panteleev in der Kammer des Deutschen Theaters mit "Ausweitung der Kampfzone" an. Er adaptiert nicht nur den Roman, sondern kommentiert zugleich das politische Weltbild des Autors. In Houellebecqs 1999 auf Deutsch erschienenem Debüt taumelt ein dreißigjähriger IT-Ingenieur schwer depressiv und von Selbsthass zerfressen durch die französische Provinz. Die Segnungen des Kapitalismus versprechen ihm keine Linderung, seine Gesellschaftsanalyse fällt düster aus. Alle stehen ununterbrochen im erbarmungslosen Wettkampf miteinander, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sexuell. Nur noch schlechter dran ist sein Kollege, der – von der Natur mit Hässlichkeit geschlagen – im romantischen Prekariat vegetiert. [...]
Panteleev beschränkt sich nicht auf den Roman, sondern verschneidet ihn mit Fremdtexten und Interviews des prominenten Autors.
Erst einmal richten sich die Spieler in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin eine postmoderne Villa Kunterbunt ein - mit Laufband, Kühlschrank, einer Sauna, die auch Raucherkabine ist, Stahlgerüst, Spiegeln und einer Reliquie: einem übergroßen Houellebecq-Kopf. […]
Wie Pat und Patachon wirken Erzkomödiant Samuel Finzi und der hier bewusst auf Steifheit gepolte Ich-Erzähler Marcel Kohler in den Rollen der zwar absolut testosterongesteuerten, überarbeiteten IT-Spezialisten, die aber kein Objekt für ihre Begierde finden. Statt Fleischeslust gibt es am freien Wochenende gebratenes Biofleisch mit den Coworkern. Finzi bereitet es in einem von vielen komödiantischen Hochämtern am Herd mit halbnacktem Hintern liebevoll zu. […]
Stattdessen treiben es auf der Bühne überdimensionierte bunte Plastefrösche und der Verkleidungsfuror der Darsteller wird auch vorangetrieben. Ja, sie sind toll in ihren schnellen schrillen Kostüm- und Charakterwechseln, auch Lisa Hrdina, Jeremy Mockridge und Kathleen Morgeneyer. Ivan Panteleev lässt in den Kammerspielen des Deutschen Theaters seine Darsteller in einer postmodernen Villa Kunterbunt zu komödiantischer Hochform auflaufen. […]
Erst einmal richten sich die Spieler in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin eine postmoderne Villa Kunterbunt ein - mit Laufband, Kühlschrank, einer Sauna, die auch Raucherkabine ist, Stahlgerüst, Spiegeln und einer Reliquie: einem übergroßen Houellebecq-Kopf. […]
Wie Pat und Patachon wirken Erzkomödiant Samuel Finzi und der hier bewusst auf Steifheit gepolte Ich-Erzähler Marcel Kohler in den Rollen der zwar absolut testosterongesteuerten, überarbeiteten IT-Spezialisten, die aber kein Objekt für ihre Begierde finden. Statt Fleischeslust gibt es am freien Wochenende gebratenes Biofleisch mit den Coworkern. Finzi bereitet es in einem von vielen komödiantischen Hochämtern am Herd mit halbnacktem Hintern liebevoll zu. […]
Stattdessen treiben es auf der Bühne überdimensionierte bunte Plastefrösche und der Verkleidungsfuror der Darsteller wird auch vorangetrieben. Ja, sie sind toll in ihren schnellen schrillen Kostüm- und Charakterwechseln, auch Lisa Hrdina, Jeremy Mockridge und Kathleen Morgeneyer.
Es gibt auch ein paar ganz gute Gründe, [Michel Houellebecq] zu mögen. Für die Klarheit seiner Sprache, seine scharfe Polemik und die bissigen Gesellschaftsanalysen, die er entwirft. Der Mann polarisiert seit seinem allerersten Roman. Man kocht, man kichert hysterisch, man duscht, man turnt auf Gerüsten herum, und nebenbei wechselt das fünfköpfige Ensemble auch noch rasend schnell die Kostüme. Von der Decke baumelt eine gigantische weibliche Gummipuppe, es kommt ein überdimensionierter Houellebecq-Pappkopf zum Einsatz und ein paar große Plastikfrösche in Signalfarben werden in diversen Sexposen arrangiert. […]
Es gibt auch ein paar ganz gute Gründe, [Michel Houellebecq] zu mögen. Für die Klarheit seiner Sprache, seine scharfe Polemik und die bissigen Gesellschaftsanalysen, die er entwirft. Der Mann polarisiert seit seinem allerersten Roman.
Ivan Panteleev […] hat sich in den Kammerspielen des DT nun des Romanerstlings von Houellebecq, "Ausweitung der Kampfzone", angenommen. Er richtet dafür auf der Bühne der Kammerspiele eine Art Ertüchtigungs- und Spaßpark ein. Ein Laufband ist aufgestellt und wird natürlich immer wieder benutzt: Ja, das Gehetztsein des Lebens. Diverse Verschläge dienen vor allem dafür, dass sich die Frauen aus dem Ensemble hier permanent aus- und umziehen. Unerotische Sexualität ist auch so ein Schwerpunkt bei Houellebecq. […]
Ein witzigeres Requisit ist ein menschenhoher Kühlschrank. In ihm verschwinden immer mal wieder Figuren. In einer Sequenz dient er sogar als Kammer zum Frauen- (und Männer-)Zersägen. Ins Auge fällt auch noch ein dreistöckiges Metallgerüst. Auf ihm klettert gern Samuel Finzi herum. Er beginnt als Erzählergestalt des Romans, wechselt im Laufe des Abends aber in die Rolle von dessen Kollegen Raphael Tisserand. […]
Tisserand ist keine Marktgröße, und Finzi, jetzt Tisserand verkörpernd, lässt sich nach einem erfolglosen Anmachversuch, von der zischelnden und hetzenden Meute seiner Darstellerkolleg*innen zu einem Mord an der Frau, die seine Figur abblitzen ließ, und dem Mann, mit dem sie zwischen den Dünen verschwindet, anstiften. Es ist der szenisch stärkste Moment des Buchs, und auch Panteleev konzentriert jetzt einmal seine Spielerinnen und Spieler. Lisa Hrdina streut ein paar muntere Berlinerische Momente ein. Finzi durchbricht gelegentlich schalkhaft den selbstbeleidigten Dauerton. […]
Ivan Panteleev […] hat sich in den Kammerspielen des DT nun des Romanerstlings von Houellebecq, "Ausweitung der Kampfzone", angenommen. Er richtet dafür auf der Bühne der Kammerspiele eine Art Ertüchtigungs- und Spaßpark ein. Ein Laufband ist aufgestellt und wird natürlich immer wieder benutzt: Ja, das Gehetztsein des Lebens. Diverse Verschläge dienen vor allem dafür, dass sich die Frauen aus dem Ensemble hier permanent aus- und umziehen. Unerotische Sexualität ist auch so ein Schwerpunkt bei Houellebecq. […]
Ein witzigeres Requisit ist ein menschenhoher Kühlschrank. In ihm verschwinden immer mal wieder Figuren. In einer Sequenz dient er sogar als Kammer zum Frauen- (und Männer-)Zersägen. Ins Auge fällt auch noch ein dreistöckiges Metallgerüst. Auf ihm klettert gern Samuel Finzi herum. Er beginnt als Erzählergestalt des Romans, wechselt im Laufe des Abends aber in die Rolle von dessen Kollegen Raphael Tisserand. […]
Tisserand ist keine Marktgröße, und Finzi, jetzt Tisserand verkörpernd, lässt sich nach einem erfolglosen Anmachversuch, von der zischelnden und hetzenden Meute seiner Darstellerkolleg*innen zu einem Mord an der Frau, die seine Figur abblitzen ließ, und dem Mann, mit dem sie zwischen den Dünen verschwindet, anstiften. Es ist der szenisch stärkste Moment des Buchs, und auch Panteleev konzentriert jetzt einmal seine Spielerinnen und Spieler.