
Das Spiel ist aus
von Jean-Paul Sartre
André Charlier vergiftet seine Ehefrau Eve. Zur gleichen Zeit wird der Widerstandskämpfer Pierre Dumaine erschossen. Im Leben einander nie begegnet, treffen sich Eve und Pierre im Reich der Toten. Als Tote werden sie zu Zuschauern des Lebens: Sie können nichts bewegen, nichts verändern, nichts spüren. Dennoch verlieben sich die beiden – und bekommen eine zweite Chance. Um ihre Liebe zu verwirklichen dürfen sie ins Leben zurückkehren, mit einer Auflage: sich innerhalb von 24 Stunden uneingeschränkt zu vertrauen. Doch Pierre will seine Kameraden von einem geplanten Anschlag abhalten und Eve ihre Schwester vor ihrem Ehemann beschützen. Sie verspielen ihre Chance und kehren zurück ins Reich der Toten, diesmal endgültig.
In seinem 1943 verfassten Drehbuch hat sich Jean-Paul Sartre erlaubt, auch einmal zu spielen. Dennoch ist sein Text mehr als nur Spielerei: Die Geschichte über den Tod wirft auch heute noch Fragen über das Leben auf. In einer Gesellschaft, in der auf Revolutionen immer nur neue Diktatoren folgen, in der Genuss verpönt und für Gefühle keine Zeit ist – wo ist da noch der Unterschied zwischen uns Lebenden und Sartres Toten? Muss man das Leben erst verlieren, um es zu erkennen? Und kann diese Erkenntnis etwas verändern?
In seinem 1943 verfassten Drehbuch hat sich Jean-Paul Sartre erlaubt, auch einmal zu spielen. Dennoch ist sein Text mehr als nur Spielerei: Die Geschichte über den Tod wirft auch heute noch Fragen über das Leben auf. In einer Gesellschaft, in der auf Revolutionen immer nur neue Diktatoren folgen, in der Genuss verpönt und für Gefühle keine Zeit ist – wo ist da noch der Unterschied zwischen uns Lebenden und Sartres Toten? Muss man das Leben erst verlieren, um es zu erkennen? Und kann diese Erkenntnis etwas verändern?
Regie Jette Steckel
Bühne Florian Lösche
Kostüme Pauline Hüners
Musik The Notwist
Musikalische Betreuung Mark Badur, Volker Wendisch
Video Alexander Bunge
Dramaturgie Anika Steinhoff
Premiere 28. März 2014
Judith HofmannEve

Ole LagerpuschPierre

Alexander KhuonAndré Charlier/ Eves Vater/ Tanzender

Birgit UnterwegerLucette/Straßensängerin/Dame [für Barbara Heynen]

Natali SeeligMadame Barbezat/Renaudel/Regent/Tanzende

Elias ArensDer Greis/ Dixonne/ Lucien Derjeu

Sarah M. LauksMarquise/ Assistentin des Regenten/ Rose
Till-Jan MeinenOffizier/ Terrorist

Ray ReimannTonmeister
Margitta Azadian, Mohammed Azadian, David Behnke, Valentin Pinto LeivasStatist:innen
Eve
Pierre
André Charlier/ Eves Vater/ Tanzender
Lucette/Straßensängerin/Dame [für Barbara Heynen]
Madame Barbezat/Renaudel/Regent/Tanzende
Der Greis/ Dixonne/ Lucien Derjeu
Sarah M. Lauks
Marquise/ Assistentin des Regenten/ Rose
Offizier/ Terrorist
Ray Reimann
Tonmeister
Margitta Azadian, Mohammed Azadian, David Behnke, Valentin Pinto Leivas
Statist:innen
Dieses Märchenmotiv der ahnungslos Lebenden, die aus dem Jenseits beobachtet werden und keinen Begriff haben vom Zustand, auf den sie zurasen, prägt den Abend: Steckel inszeniert keine politische Fabel über die Wirkungslosigkeit des bewaffneten Aufstandes, wie sie Sartre im Sinn hatte, sondern ein Theater zwischen Leben und Tod, welches seine Zuschauer mit Kunstschnee bewirft, auf Drehbühnenfahrt mitnimmt und in Wolkengebirgen aussetzt, durch die der vermutlich göttliche Blick einen großartigen Tunnel bohrt - lauter erhabene Momente. Die Regisseurin Jette Steckel inszeniert 'Das Spiel ist aus' im Deutschen Theater Berlin als Vaudeville-Show, in welcher die Toten die Lebenden studieren. Sie setzt dazu die Zuschauer auf die Bühne des Theaters, während die Schauspieler sich im Parkett aufhalten: Denn die Lebenden handeln zur Unterhaltung der Toten, deshalb müssen sie auf die Bühne.
Dieses Märchenmotiv der ahnungslos Lebenden, die aus dem Jenseits beobachtet werden und keinen Begriff haben vom Zustand, auf den sie zurasen, prägt den Abend: Steckel inszeniert keine politische Fabel über die Wirkungslosigkeit des bewaffneten Aufstandes, wie sie Sartre im Sinn hatte, sondern ein Theater zwischen Leben und Tod, welches seine Zuschauer mit Kunstschnee bewirft, auf Drehbühnenfahrt mitnimmt und in Wolkengebirgen aussetzt, durch die der vermutlich göttliche Blick einen großartigen Tunnel bohrt - lauter erhabene Momente.
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Judith Hofmann, Ole Lagerpusch, Elias Arens, Natali Seelig, Alexander Khuon, Barbara Heynen – sie strampeln gegen die Grenzen ihrer Figuren, suchen den Ausbruch aus dem Gefängnis der Vorläufigkeit, wollen wissen, was es hieße, ernst zu machen. Aber ernst womit? Mit dem eigenen Leben? Mit Politik? Mit den Ansprüchen der Gerechtigkeit, oder der Menschlichkeit?
Jean-Paul Sartre hat gesagt, mit dem Jenseits habe er nach diesem Stück abgeschlossen. Aber ich nicht!, ruft Steckels Abend anderthalb Stunden ins Publikum, nicht mit dem Jenseits, nicht mit dieser Welt, nicht mit Liebe, Tod und Leben. Eine Inszenierung wie ein Schrei: Man wird doch bitte wenigstens noch hoffen dürfen! Dieser Abend stürzt sich kopfüber in den Strudel des Geschehens, lässt sich hin- und herwerfen wie ein Halm im Sturm, wirft sich rücksichtslos den Figuren an den Hals und findet sich stets derart tief in die erzählte Geschichte verwickelt, dass dieser Inszenierung weder Drauf- noch Seitenblicke gewährt werden. Denn es geht ihr um alles, und alles, das ist: Leben, Tod und Liebe vor allem, aber auch das Recht auf Widerstand, die Rebellion, die Zukunft des gesellschaftlichen Miteinanders. Es ist dies ein unerhört ehrlicher, vielleicht naiver, seltsam berührend schutzloser Abend. Er stellt die Frage nach dem Sinn, dem Wozu und Wohin. Heute ist diese Frage etwas peinlich, als gehörte sie unter Erwachsenen nicht mehr erörtert. Dass der Abend sie dennoch stellt, spricht für ihn.
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Judith Hofmann, Ole Lagerpusch, Elias Arens, Natali Seelig, Alexander Khuon, Barbara Heynen – sie strampeln gegen die Grenzen ihrer Figuren, suchen den Ausbruch aus dem Gefängnis der Vorläufigkeit, wollen wissen, was es hieße, ernst zu machen. Aber ernst womit? Mit dem eigenen Leben? Mit Politik? Mit den Ansprüchen der Gerechtigkeit, oder der Menschlichkeit?
Jean-Paul Sartre hat gesagt, mit dem Jenseits habe er nach diesem Stück abgeschlossen. Aber ich nicht!, ruft Steckels Abend anderthalb Stunden ins Publikum, nicht mit dem Jenseits, nicht mit dieser Welt, nicht mit Liebe, Tod und Leben. Eine Inszenierung wie ein Schrei: Man wird doch bitte wenigstens noch hoffen dürfen!
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Die Akteure spielen meist im Saal, zwischen den leeren Sitzreihen, die Zuschauer hingegen sitzen auf der Bühne. Sie sind die Lebenden, denen sonst die Toten zuschauen, an diesem Abend schauen sie einmal den Toten zu. Wobei in einer Gesellschaft wie der unseren, einer Gesellschaft des Spektakels, eben nicht so klar ist, wie lebendig die Lebenden sind: Still und stumm starren sie auf die Ereignisse, sehen alles, wissen alles, aber wollen oder können nichts tun. Eine vorzeitige Leichenstarre. Bis heute wirft der Text spannende Fragen auf. Zunächst ganz konkrete Fragen: Wenn die beiden erst einmal zurück sind, was hat für sie Priorität? Sie selbst und ihre Verbindung - oder andere ihnen verbundene Menschen? Ihr privates Glück - oder ein übergeordnetes Projekt? Und dann abstrakte Fragen: Ist man in der Partnerwahl frei von sozialen Unterschieden? Wie frei ist man überhaupt in seinen Entscheidungen? Kann man sein Leben noch mal von vorne beginnen? Wenn man es, ganz wörtlich, noch mal von vorne beginnen könnte: Was würde man anders machen? Würde man unvernünftiger leben? Und was ist das überhaupt: ein vernünftiges Leben?
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Die Akteure spielen meist im Saal, zwischen den leeren Sitzreihen, die Zuschauer hingegen sitzen auf der Bühne. Sie sind die Lebenden, denen sonst die Toten zuschauen, an diesem Abend schauen sie einmal den Toten zu. Wobei in einer Gesellschaft wie der unseren, einer Gesellschaft des Spektakels, eben nicht so klar ist, wie lebendig die Lebenden sind: Still und stumm starren sie auf die Ereignisse, sehen alles, wissen alles, aber wollen oder können nichts tun. Eine vorzeitige Leichenstarre.
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Dass ein ewiges Leben, das sich nur als fades Einerlei denken lässt, trotzdem attraktiv sein kann, liegt wohl an der Hoffnung auf überirdisch wundersame Eindrücke, wie sie in Jette Steckels Inszenierung durch Matthias Vogels beeindruckende Lichteffekte, durch Rauch oder auf das Publikum herabschneiende weiße Flocken bewirkt werden und, nicht zuletzt, durch die Musik von The Notwist, in der die wechselnden Stimmungen der einzelnen Szenen spürbar sind, die das Tempo vorantreibt und die Spannung niemals abreißen lässt.
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Jette Steckels Inszenierung ist zusammengesetzt aus einer Fülle von Details, die zum Weiterdenken verlocken, in denen sich ironische Verfremdungen zeigen, die sich aber so schlüssig zu einem Gesamtbild zusammenfügen, dass sie gar nicht alle einzeln erfassbar sind.
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Der große Theaterabend, den Jette Steckel mit einem wunderbaren Schauspielensemble und exzellenten künstlerischen und technischen MitarbeiterInnen gezaubert hat, stellt den ZuschauerInnen sehr eindringlich die Frage, wie sie es denn mit dem Sein und dem Nichts halten. Jette Steckel hat sich von diesem Stück auf bewundernswerte Weise inspirieren lassen. In ihrer Inszenierung wird der Text, von Staub und Sentimentalitäten befreit, als Gedankenspiel lebendig.
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Dass ein ewiges Leben, das sich nur als fades Einerlei denken lässt, trotzdem attraktiv sein kann, liegt wohl an der Hoffnung auf überirdisch wundersame Eindrücke, wie sie in Jette Steckels Inszenierung durch Matthias Vogels beeindruckende Lichteffekte, durch Rauch oder auf das Publikum herabschneiende weiße Flocken bewirkt werden und, nicht zuletzt, durch die Musik von The Notwist, in der die wechselnden Stimmungen der einzelnen Szenen spürbar sind, die das Tempo vorantreibt und die Spannung niemals abreißen lässt.
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Jette Steckels Inszenierung ist zusammengesetzt aus einer Fülle von Details, die zum Weiterdenken verlocken, in denen sich ironische Verfremdungen zeigen, die sich aber so schlüssig zu einem Gesamtbild zusammenfügen, dass sie gar nicht alle einzeln erfassbar sind.
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