Melissa kriegt alles

von René Pollesch
Bühne Nina von Mechow
Kostüme Tabea Braun
Video Ute Schall
Licht Matthias Vogel
Dramaturgie Anna Heesen
Uraufführung
29. August 2020
Deutsches Theater
Kathrin Angerer
Franz Beil
Jeremy Mockridge
Bernd Moss
Katrin Wichmann
Martin Wuttke
Die Zeit
Peter Kümmel, 03.09.2020
[René Polleschs] Melissa-Projekt hat, wie stets bei Pollesch, wunderbare Schauspieler, allen voran Martin Wuttke und Kathi Angerer. Wuttke gibt den Ton des Abends vor, ein Räuspern der Verlegenheit, das er vermutlich bei Woody Allen studiert hat: das Stottern eines Mannes, dem etwas eingefallen ist, was er keinesfalls sagen sollte, und der schon weiß, dass er es nicht schaffen wird, es zu verschweigen.

[...]
Wie verhält der Dramatiker Pollesch sich zur Seuche? Kurze Antwort: Er macht weiter wie bisher. Er braucht die Seuche nicht als Thema, sein Theater ist größer als sie. Nur ganz wenige Hinweise erlaubt er sich darauf, dass auch ihm die Pandemie nicht entgangen ist, und er feiert wölfisch deren gute Seiten.
[René Polleschs] Melissa-Projekt hat, wie stets bei Pollesch, wunderbare Schauspieler, allen voran Martin Wuttke und Kathi Angerer. Wuttke gibt den Ton des Abends vor, ein Räuspern der Verlegenheit, das er vermutlich bei Woody Allen studiert hat: das Stottern eines Mannes, dem etwas eingefallen ist, was er keinesfalls sagen sollte, und der schon weiß, dass er es nicht schaffen wird, es zu verschweigen.

[...]
Wie verhält der Dramatiker Pollesch sich zur Seuche? Kurze Antwort: Er macht weiter wie bisher. Er braucht die Seuche nicht als Thema, sein Theater ist größer als sie. Nur ganz wenige Hinweise erlaubt er sich darauf, dass auch ihm die Pandemie nicht entgangen ist, und er feiert wölfisch deren gute Seiten.
Deutschlandfunk Kultur
André Mumot, 29.08.2020
Diesmal geht es, wie häufiger in den letzten Arbeiten, die [René Pollesch] am DT gemacht hat, auch immer ums Theater selbst. Er setzt sich mit Theorien des Theaters auseinander, er kommt auch immer wieder auf Brecht zu sprechen. Heute Abend ging es sehr oft um das 'Theater der Trance'. […]

Es ist eine Mischung aus Amüsiertheit und einem wachsenden Unverständnis und dann – wie das immer bei René Pollesch ist – wacht man plötzlich auf und bekommt ganz scharfe und klar formulierte Gedanken geboten, die einen wieder ein Stück weiter bringen. […] Es gibt immer wieder ganz wunderbare charmante Momente, was […] sehr mit der Besetzung zu tun hat. Neben Kathrin Angerer ist auch Martin Wuttke dabei, es ist Katrin Wichmann dabei […]. Es ist Jeremy Mockridge dabei, Franz Beil, Bernd Moss. Sie alle machen das auf ihre Weise ganz wunderbar. [...]

[Es ist ein Abend], der sich so ein bisschen behauptet gegen dieses Corona-Diktat. Ein Abend, der also sagt: Wir machen hier das, was wir sonst auch gemacht hätten. Wir reden über diese philosophischen, theatertheoretischen, lebenstheoretischen Fragen und lassen uns von diesem Corona-Thema nicht alles vorgeben und nicht alles diktieren.
Diesmal geht es, wie häufiger in den letzten Arbeiten, die [René Pollesch] am DT gemacht hat, auch immer ums Theater selbst. Er setzt sich mit Theorien des Theaters auseinander, er kommt auch immer wieder auf Brecht zu sprechen. Heute Abend ging es sehr oft um das 'Theater der Trance'. […]

Es ist eine Mischung aus Amüsiertheit und einem wachsenden Unverständnis und dann – wie das immer bei René Pollesch ist – wacht man plötzlich auf und bekommt ganz scharfe und klar formulierte Gedanken geboten, die einen wieder ein Stück weiter bringen. […] Es gibt immer wieder ganz wunderbare charmante Momente, was […] sehr mit der Besetzung zu tun hat. Neben Kathrin Angerer ist auch Martin Wuttke dabei, es ist Katrin Wichmann dabei […]. Es ist Jeremy Mockridge dabei, Franz Beil, Bernd Moss. Sie alle machen das auf ihre Weise ganz wunderbar. [...]

[Es ist ein Abend], der sich so ein bisschen behauptet gegen dieses Corona-Diktat. Ein Abend, der also sagt: Wir machen hier das, was wir sonst auch gemacht hätten. Wir reden über diese philosophischen, theatertheoretischen, lebenstheoretischen Fragen und lassen uns von diesem Corona-Thema nicht alles vorgeben und nicht alles diktieren.
Berliner Zeitung
Doris Meierhenrich, 30.08.2020
Wie immer bei Pollesch wird einfach gesprochen: Sätze fließen von Mund zu Kopf zu Mund und wieder zu anderen Sätzen, aus denen irgendwann klare Gedankenketten entstehen. Eigentlich sind diese Gedankenketten an diesem Abend nicht weniger witzig oder weniger spektakulär in ihrem Assoziationsschatz als sonst. Ganz im Gegenteil: Wann bekommt man schon mal die Theatergeschichte so stringent neu erzählt aus dem Geist der Bühnenarchitektur und Brecht als Vater eines 'Theaters der Trance' neu erklärt? Nein, Melissa kriegt alles ist einer der ideenreichsten, wunderbarsten Pollesch-Texte der letzten Jahre, in dem die Hypnose des Psychiaters Milton H. Erickson, die Spielverweigerung von Gena Rowland und die Revolution von Pelagea Wlassowa plötzlich an einem Strang ziehen, weil alle drei – richtig verstanden – den Sinn für die Paradoxien lebendigen Denkens verfeinern und Leben nicht in Begriffen stillstellen. [...] Wie immer bei Pollesch wird einfach gesprochen: Sätze fließen von Mund zu Kopf zu Mund und wieder zu anderen Sätzen, aus denen irgendwann klare Gedankenketten entstehen. Eigentlich sind diese Gedankenketten an diesem Abend nicht weniger witzig oder weniger spektakulär in ihrem Assoziationsschatz als sonst. Ganz im Gegenteil: Wann bekommt man schon mal die Theatergeschichte so stringent neu erzählt aus dem Geist der Bühnenarchitektur und Brecht als Vater eines 'Theaters der Trance' neu erklärt? Nein, Melissa kriegt alles ist einer der ideenreichsten, wunderbarsten Pollesch-Texte der letzten Jahre, in dem die Hypnose des Psychiaters Milton H. Erickson, die Spielverweigerung von Gena Rowland und die Revolution von Pelagea Wlassowa plötzlich an einem Strang ziehen, weil alle drei – richtig verstanden – den Sinn für die Paradoxien lebendigen Denkens verfeinern und Leben nicht in Begriffen stillstellen. [...]
nachtkritik.de
Elena Philipp, 30.08.2020
Ein kuschelig-klaustrophobisches Kammerspielsetting hat Bühnenbildnerin Nina von Mechow für den neusten Streich von René Pollesch und Konsorten, "Melissa kriegt alles", aufgebaut, mit Hammer-und-Sichel-Wandbespannung, einem teppichbelegten Sofa, Bullerbü-Tisch und einer Pole-Dance-Stange im größeren Raum, einem tarngemusterten Bett und Ofen im kleineren. Räume, in denen sich optisch Zeiten und Orte überlagern, dem Text entsprechend, in den Pollesch wie immer Verschiedenstes eingespeist hat. Neunzig Minuten Gedanken-Ping-Pong wird das sechsköpfige Ensemble zum Auftakt der DT-Saison hier spielen und den revolutionären Zauber des Zugleich beschwören. […] Ein kuschelig-klaustrophobisches Kammerspielsetting hat Bühnenbildnerin Nina von Mechow für den neusten Streich von René Pollesch und Konsorten, "Melissa kriegt alles", aufgebaut, mit Hammer-und-Sichel-Wandbespannung, einem teppichbelegten Sofa, Bullerbü-Tisch und einer Pole-Dance-Stange im größeren Raum, einem tarngemusterten Bett und Ofen im kleineren. Räume, in denen sich optisch Zeiten und Orte überlagern, dem Text entsprechend, in den Pollesch wie immer Verschiedenstes eingespeist hat. Neunzig Minuten Gedanken-Ping-Pong wird das sechsköpfige Ensemble zum Auftakt der DT-Saison hier spielen und den revolutionären Zauber des Zugleich beschwören. […]
rbb24
Ute Büsing, 30.08.2020
Dominant im slapstickreichen Motiv-Gewimmel, gerne mal an der Pole-Stange, ist die Auseinandersetzung mit dem Theater: Wie es heute gespielt wird und damals in den Arenen der alten Griechen, als es noch um Leben und Tod ging. Um eine grundlegende Unentschiedenheit.

[...]
Dialektik oder Paradoxie? [...] [Auch] Jeremy Mockridge, Bernd Moss und Katrin Wichmann aus dem DT-Cast [finden] bei der vierten Zusammenarbeit ihren ganz eigenen Pollesch-Kaskaden-Ton, besonders in den mit persönlichen Erfahrungen angereicherten Episoden dieses Autorentheaters.

[...]
Wider die - so steht es im Text - 'Repräsentationsroutine des Lebens' hat Renée Pollesch mit seinen Darstellern für das Deutsche Theater eine kleine bezugsreiche Zeitreise entwickelt.
Dominant im slapstickreichen Motiv-Gewimmel, gerne mal an der Pole-Stange, ist die Auseinandersetzung mit dem Theater: Wie es heute gespielt wird und damals in den Arenen der alten Griechen, als es noch um Leben und Tod ging. Um eine grundlegende Unentschiedenheit.

[...]
Dialektik oder Paradoxie? [...] [Auch] Jeremy Mockridge, Bernd Moss und Katrin Wichmann aus dem DT-Cast [finden] bei der vierten Zusammenarbeit ihren ganz eigenen Pollesch-Kaskaden-Ton, besonders in den mit persönlichen Erfahrungen angereicherten Episoden dieses Autorentheaters.

[...]
Wider die - so steht es im Text - 'Repräsentationsroutine des Lebens' hat Renée Pollesch mit seinen Darstellern für das Deutsche Theater eine kleine bezugsreiche Zeitreise entwickelt.
Berliner Morgenpost
Felix Müller, 31.08.2020
Die sechs Schauspieler, die [René Pollesch] diesmal auf die Bühne gestellt hat [...] fallen natürlich erst einmal durch den sowjetischen Chic ins Auge, den sie vor einem mit Hammer und Sichel tapezierten Kasten [...] zur Schau tragen. Kostümbildnerin Tabea Braun hat zum Beispiel Martin Wuttke ein hübsches Nachthemd mit aufgedrucktem Prawda-Layout auf den Leib geschneidert [...].

[...]
Hier geht es nicht um Story, Plot und Katharsis, es geht um die Leitplanken unseres Denkens und um die Frage, wer sie wie formatiert hat – oder, anders gewendet, um Ängste und Wünsche, die wir hegen und die Frage, warum wir das eigentlich tun.
Die sechs Schauspieler, die [René Pollesch] diesmal auf die Bühne gestellt hat [...] fallen natürlich erst einmal durch den sowjetischen Chic ins Auge, den sie vor einem mit Hammer und Sichel tapezierten Kasten [...] zur Schau tragen. Kostümbildnerin Tabea Braun hat zum Beispiel Martin Wuttke ein hübsches Nachthemd mit aufgedrucktem Prawda-Layout auf den Leib geschneidert [...].

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Hier geht es nicht um Story, Plot und Katharsis, es geht um die Leitplanken unseres Denkens und um die Frage, wer sie wie formatiert hat – oder, anders gewendet, um Ängste und Wünsche, die wir hegen und die Frage, warum wir das eigentlich tun.
neues deutschland
Gunnar Decker, 31.08.2020
Die wahren Philosophen sind jene, die keine geraden Satz sprechen können, weil sie die Legitimität einer gegenteiligen Äußerung immer gleichzeitig mit in Rechnung stellen. Das macht Pollesch-Abende so erhellend, weil sie irgendwie direkt von der Resterampe des Abendlandes geholt scheinen, aber nicht larmoyant, sondern so, als wollte er damit eine Expedition in den Untergrund ausstatten. Auch in der Kanalisation unter dem Deutschen Theater muss ein Phantom wohnen, mit dem jederzeit zu rechnen ist!

[...]
Pollesch ist derzeit vielleicht der rabiateste und zugleich verspielteste Aufklärer an deutschen Bühnen. Er glaubt all den schier unumstößlichen Wahrheiten des Tages nicht, denn er macht den einfachen rhetorischen Stoß-Test - er rempelt sie an und siehe, das Kartenhaus der falschen Gewissheiten fällt jedesmal in sich zusammen.
Die wahren Philosophen sind jene, die keine geraden Satz sprechen können, weil sie die Legitimität einer gegenteiligen Äußerung immer gleichzeitig mit in Rechnung stellen. Das macht Pollesch-Abende so erhellend, weil sie irgendwie direkt von der Resterampe des Abendlandes geholt scheinen, aber nicht larmoyant, sondern so, als wollte er damit eine Expedition in den Untergrund ausstatten. Auch in der Kanalisation unter dem Deutschen Theater muss ein Phantom wohnen, mit dem jederzeit zu rechnen ist!

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Pollesch ist derzeit vielleicht der rabiateste und zugleich verspielteste Aufklärer an deutschen Bühnen. Er glaubt all den schier unumstößlichen Wahrheiten des Tages nicht, denn er macht den einfachen rhetorischen Stoß-Test - er rempelt sie an und siehe, das Kartenhaus der falschen Gewissheiten fällt jedesmal in sich zusammen.

Außerdem im Spielplan

Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
19.30 - 22.10
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse