
der thermale widerstand
von Ferdinand Schmalz
Im Kurbad ist ein Kampf um die Zukunft des Badens ausgebrochen. Unter dem Anpassungsdruck an die Verwertungsinteressen eines Softdrinkriesen hat die Kurbadleitung ihren gesellschaftlichen Auftrag für gemeinschaftliche Entspannung zu sorgen längst über Bord geworfen. Als der neue Bademeister Hannes eingestellt wird, bringt der die Dinge ins Wanken. Mit massivem Aufgussnebeleinsatz und Partisanentaktik will er diese Entwicklung aus dem Untergrund heraus verhindern und den Wandel des öffentlichen Bades zum Wellnesstempel aufhalten. Um den untergetauchten Revolutionär wieder an die Oberfläche und so in ihre Arme zu spülen, greift die Kurbadleitung bald zu radikalen Maßnahmen. Sie flutet das gesamte Bad ohne Rücksicht auf das Wohlbefinden der Kurgäste. Es wird ungemütlich nass im Kurbad und die Gäste formieren sich zum Chor der Umspülten. Versickert ihr Unbehagen oder wird es zum revolutionären Bewusstsein und zum Grund eines neuen thermalen Widerstands? Kommen die verfestigten Verhältnisse des Kurbades wieder in Fluss oder schafft es die Kurleitung, die steril gekachelte Badeordnung wieder herzustellen?
Ferdinand Schmalz verlegt den Kampf zwischen revolutionärem Änderungswillen, neoliberaler Dynamisierung und der Konservierung bestehender Verhältnisse an einen Ort, der mit politischen Auseinandersetzungen wohl kaum assoziiert wird: ein Kurbad.
Ferdinand Schmalz verlegt den Kampf zwischen revolutionärem Änderungswillen, neoliberaler Dynamisierung und der Konservierung bestehender Verhältnisse an einen Ort, der mit politischen Auseinandersetzungen wohl kaum assoziiert wird: ein Kurbad.
Premiere am 30. September 2016, Box
Harald Baumgartner

Michael Goldberg

Thorsten Hierse

Daniel Hoevels

Anne Kulbatzki
Linda Pöppel

Schmalz' kalauernden Wortspiele halten sich diesmal etwas in Grenzen und drehen sich nicht mehr nur ums Essen, sondern vor allem um das liquide Nass des Bads. Der junge Regisseur Matthias Rippert findet dafür schöne klaustrophobe Bilder im Bühnenbild von Selina Traun, das vier schmale, hölzerne Kabinen zeigt, die wie Umkleiden, Sauna, Bad und Büro ausgestattet sind. Der dräuende E-Sound von Robert Pawliczek macht aus Schmalz' Revoluzzer-Farce eine Art Psycho-Thriller, der durch das grandiose Spiel des Ensembles nie ins Alberne abgeleitet, aber dennoch viel Witz hat, dersich vor allem in einem schönen Slapstick mit einem im Ökobrei versteckten Verlobungsring äußert. Ferdinand Schmalz setzt in seinem neuen Stück der thermale widerstand ganz geschickt [...] seine metaphernreiche Sprache ein, um ein gesellschaftliches Phänomen auf einen ganz speziellen Ort zu transformieren. Hier ist es also kein Shopping – sondern ein Wellness-Paradies, dessen die alten Angestellten – wie der etwas verlotterte Bademeister Walther (Michael Goldberg mit speckiger Langhaarperücke) – überdrüssig geworden sind. Der andauernde Wohlstand macht träge und depressiv. Dagegen steht der Neue im Team, Bademeister Hannes, der seine weiße Uniform als Verantwortung und Aufgabe versteht, nicht nur die Badeordnung einzuhalten, sondern seine Erfüllung auch darin sieht, mit Stutzigkeit (herrlich doppeldeut¡ge Wortschöpfung) ein Auge auf die "Freunde einer Unfreiheit", die das Bad bedrohen, zu haben.
Schmalz' kalauernden Wortspiele halten sich diesmal etwas in Grenzen und drehen sich nicht mehr nur ums Essen, sondern vor allem um das liquide Nass des Bads. Der junge Regisseur Matthias Rippert findet dafür schöne klaustrophobe Bilder im Bühnenbild von Selina Traun, das vier schmale, hölzerne Kabinen zeigt, die wie Umkleiden, Sauna, Bad und Büro ausgestattet sind. Der dräuende E-Sound von Robert Pawliczek macht aus Schmalz' Revoluzzer-Farce eine Art Psycho-Thriller, der durch das grandiose Spiel des Ensembles nie ins Alberne abgeleitet, aber dennoch viel Witz hat, dersich vor allem in einem schönen Slapstick mit einem im Ökobrei versteckten Verlobungsring äußert.
Zu verdanken hat man das zunächst Ferdinand Schmalz. Er ist ein leidenschaftlicher Sucher der großen Zusammenhänge im Abseitigen. Bekannt geworden ist er mit einem Kapitalismuskritischen Stück in einer Molkerei. Kultstatus erreichte er mit dem an einer Raststätte spielenden "dosenfleisch". Die neueste Produktion verknüpft in einem Kurbad Karrierehoffnungen mit Aussteigerfantasien und Revolutionsträumen. Dabei ist Schmalz eine rhythmisch vibrierende, mit Saft, Sinn und Körpermetaphern angefüllte Sprache eigen, die an die Landsleute Elfriede Jelinek Werner Schwab denken lässt. Dem gerade aufgehenden Jungdramatikerstern Schmalz erweist sich der noch drei Jahre jüngere Regisseur Rippert als ebenbürtig. [...]
Schmalz hat dem Kurbad alle Facetten der heutigen Arbeitsgesellschaft eingeschrieben. Sie verspricht Lebenssinn, wie Masseur Leon (Harald Baumgartner) mit seinen Händen Tag für Tag erfährt. Sie befördert sozialen Aufstieg, wie Badchefin Roswitha (Linda Pöppel) demonstriert. Bademeister Walther (Michael Goldberg) hingegen verkörpert nicht nur wegen seiner Späthippie-Frisur ganz exemplarisch die durch Flucht Arbeitsverweigerung schon im Job erkämpfte Muße. Und durch die schön verspannte Abgesandte eines Softdrink-Konzerns (Anne Kubatzki) kommt das neokapitalistische Moment des Zerstörens durch Investieren ins Spiel. [...]
Das ganze 20. Jahrhundert mit all den Kämpfen und Gegenkämpfen tobt sich noch einmal in diesem Kurbad aus. Überraschende Größe eines kleinen Stücks. Wenn es für den überhitzten Kapitalismus, der seine Getriebemäuschen immer nah am Rande der Erschöpfung hält, noch eines Sinnbildes bedurft hätte – diese Inszenierung liefert es. Und sie liefert es ohne Zeigefinger, allein mit den auf komische Art deformierten Leibern der Teilnehmer und der Deserteure des Erschöpfungsparcours. [...]
Zu verdanken hat man das zunächst Ferdinand Schmalz. Er ist ein leidenschaftlicher Sucher der großen Zusammenhänge im Abseitigen. Bekannt geworden ist er mit einem Kapitalismuskritischen Stück in einer Molkerei. Kultstatus erreichte er mit dem an einer Raststätte spielenden "dosenfleisch". Die neueste Produktion verknüpft in einem Kurbad Karrierehoffnungen mit Aussteigerfantasien und Revolutionsträumen. Dabei ist Schmalz eine rhythmisch vibrierende, mit Saft, Sinn und Körpermetaphern angefüllte Sprache eigen, die an die Landsleute Elfriede Jelinek Werner Schwab denken lässt. Dem gerade aufgehenden Jungdramatikerstern Schmalz erweist sich der noch drei Jahre jüngere Regisseur Rippert als ebenbürtig. [...]
Schmalz hat dem Kurbad alle Facetten der heutigen Arbeitsgesellschaft eingeschrieben. Sie verspricht Lebenssinn, wie Masseur Leon (Harald Baumgartner) mit seinen Händen Tag für Tag erfährt. Sie befördert sozialen Aufstieg, wie Badchefin Roswitha (Linda Pöppel) demonstriert. Bademeister Walther (Michael Goldberg) hingegen verkörpert nicht nur wegen seiner Späthippie-Frisur ganz exemplarisch die durch Flucht Arbeitsverweigerung schon im Job erkämpfte Muße. Und durch die schön verspannte Abgesandte eines Softdrink-Konzerns (Anne Kubatzki) kommt das neokapitalistische Moment des Zerstörens durch Investieren ins Spiel. [...]
Das ganze 20. Jahrhundert mit all den Kämpfen und Gegenkämpfen tobt sich noch einmal in diesem Kurbad aus. Überraschende Größe eines kleinen Stücks.