
Geschichten aus dem Wiener Wald
von Ödön von Horváth
„Ich hab mal Gott gefragt, was er mit mir vorhat. – Er hat es mir aber nicht gesagt, sonst wär ich nämlich nicht mehr da. – Er hat mir überhaupt nichts gesagt. – Er hat mich überraschen wollen. – Pfui!“
Eine stille Straße: eine Fleischhauerei, ein Tabakladen, eine Puppenklinik, eine Handvoll Menschen, die ihre gewohnten Kreise ziehen. Marianne, die Tochter des „Zauberkönigs“, soll den Fleischhauer Oskar heiraten, da dieser ein wohlhabender, anständiger Mann ist. Doch Marianne zieht es zu Alfred, der sich bisher durch Frauen und Pferdewetten über Wasser hielt. Alfred beendet sein Verhältnis zu Valerie, die ihn bisher finanzierte, und Marianne verlässt ihren Vater für ihre große Liebe. Ein Jahr später bekommen beide ein Kind und müssen erkennen, dass sich ihr Traum von Liebe und Zusammenhalt nicht erfüllt: Der kleine Leopold wird zu Verwandten aufs Land gegeben, Marianne versucht sich als Tänzerin, und das Unglück nimmt seinen Lauf...
Mit dem Volksstück Geschichten aus dem Wiener Wald", 1931 am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt, hat Horváth höchste Anerkennung sowie heftigste Ablehnung erfahren, liefert er doch zugleich die Karikatur des Volksstücks: Düster und böse sind seine Menschenzeichnungen, wenngleich süßliche Lieder die Szene bestimmen, schäbig der Kern, der hervortritt, wenn den Figuren ihre Masken heruntergerissen werden. Allesamt sind sie gezeichnet durch den Ersten Weltkrieg, die anhaltende wirtschaftliche Krise und den Nationalsozialismus der seinen Schatten bereits voraus wirft. Tod und Verlust, Lüge und Enttäuschung bestimmen das Leben der Horváthschen Menschen, es sind Verlorene in einer ordnungslosen Zeit – und trotz ihrer Bestialität doch seltsam liebenswert und komisch in ihren Verrenkungen und Verirrungen, in ihrer Naivität und Liebessehnsucht.
Eine stille Straße: eine Fleischhauerei, ein Tabakladen, eine Puppenklinik, eine Handvoll Menschen, die ihre gewohnten Kreise ziehen. Marianne, die Tochter des „Zauberkönigs“, soll den Fleischhauer Oskar heiraten, da dieser ein wohlhabender, anständiger Mann ist. Doch Marianne zieht es zu Alfred, der sich bisher durch Frauen und Pferdewetten über Wasser hielt. Alfred beendet sein Verhältnis zu Valerie, die ihn bisher finanzierte, und Marianne verlässt ihren Vater für ihre große Liebe. Ein Jahr später bekommen beide ein Kind und müssen erkennen, dass sich ihr Traum von Liebe und Zusammenhalt nicht erfüllt: Der kleine Leopold wird zu Verwandten aufs Land gegeben, Marianne versucht sich als Tänzerin, und das Unglück nimmt seinen Lauf...
Mit dem Volksstück Geschichten aus dem Wiener Wald", 1931 am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt, hat Horváth höchste Anerkennung sowie heftigste Ablehnung erfahren, liefert er doch zugleich die Karikatur des Volksstücks: Düster und böse sind seine Menschenzeichnungen, wenngleich süßliche Lieder die Szene bestimmen, schäbig der Kern, der hervortritt, wenn den Figuren ihre Masken heruntergerissen werden. Allesamt sind sie gezeichnet durch den Ersten Weltkrieg, die anhaltende wirtschaftliche Krise und den Nationalsozialismus der seinen Schatten bereits voraus wirft. Tod und Verlust, Lüge und Enttäuschung bestimmen das Leben der Horváthschen Menschen, es sind Verlorene in einer ordnungslosen Zeit – und trotz ihrer Bestialität doch seltsam liebenswert und komisch in ihren Verrenkungen und Verirrungen, in ihrer Naivität und Liebessehnsucht.
Premiere 29. März 2013
Katrin WichmannMarianne

Andreas DöhlerAlfred

Almut ZilcherValerie

Michael GerberZauberkönig

Peter MoltzenOskar

Barbara SchnitzlerDie Mutter

Simone von ZglinickiDie Großmutter

Moritz GroveErich

Harald BaumgartnerRittmeister

Henning VogtHavlitschek

Jürgen HuthDer Mister

Georgia LautnerIda
Marianne
Alfred
Valerie
Zauberkönig
Oskar
Die Mutter
Die Großmutter
Erich
Rittmeister
Havlitschek
Der Mister
Ida
Duisburger Akzente
20. + 21. März 2015
Luxemburg
10.+11. März 2015
Ludwigsburg
7. März 2015
Paris
16.-19. Dezember 2014
Peking
7.+8. November 2014
Gütersloh
30. und 31. August 2014
Wiener Festwochen
10. bis 13. Mai 2014
Hamburger Theaterfestival
25. Oktober 2013
20. + 21. März 2015
Luxemburg
10.+11. März 2015
Ludwigsburg
7. März 2015
Paris
16.-19. Dezember 2014
Peking
7.+8. November 2014
Gütersloh
30. und 31. August 2014
Wiener Festwochen
10. bis 13. Mai 2014
Hamburger Theaterfestival
25. Oktober 2013
Außerdem im Spielplan
Mit englischen Übertiteln
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln
Forever Yin Forever Young
Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 21.30
Wie Wichmann und Döhler, zwei unserer Lieblingsschauspieler im DT-Ensemble, diese Liebe und ihren Absturz spielen, ist eine kleine, gerade in ihrer Lakonie berührende Sensation. Döhler gibt den Strizzi im billigen Anzug nicht als Schießbudenfigur, sondern als gleichmütigen Überlebenskünstler. Wichmann verkitscht weder den Moment des Verliebens mit romantischen Zuckungen, noch die Demütigung des Niedergangs mit Selbstmitleid, sondern registriert fast sachlich: So also verläuft ihr Leben. Selbst Moltzen als Metzgermeister, dessen Komplettverrohung zur Karikatur geradezu einläd, oder Almut Zilcher als Valerie, die Kioskbesitzerin und ein Kleinbürger-Vamp mit hohem Männerverschleiß, halten die Balance und machen es sich nicht in der Denunziation ihrer Figuren bequem. Thalheimer erzählt eine Tragödie, das aber so fein und differenziert, dass eine schöne Leichtigkeit des Spiels und sogar Momente lakonischer Komik entstehen. (...) Thalheimer macht an diesem Abend: Große Kunst. (...) Thalheimer (erkundet) Menschen, allerdings lauter verrohte, beschädigte, seelisch verkrüppelte Menschen der Zwischenkriegszeit. Dass er diese Beschädigungen nicht höhnisch und mit der Selbstgerechtigkeit des Nachgeborenen in die Spießerkarikatur treibt, sondern sachlich, in größtmöglicher Nüchternheit ausleuchtet, macht das unübersehbare Format dieser Inszenierung aus. Thalheimer, sonst gerne ein Regisseur der brachialen Bilder und expressiven Forciertheiten, entwickelt hier den leiden Schrecken aus der Brutalität des Faktischen: So sind die Menschen, scheint diese Inszenierung illusionslos zu konstatieren. (…)
Wie Wichmann und Döhler, zwei unserer Lieblingsschauspieler im DT-Ensemble, diese Liebe und ihren Absturz spielen, ist eine kleine, gerade in ihrer Lakonie berührende Sensation. Döhler gibt den Strizzi im billigen Anzug nicht als Schießbudenfigur, sondern als gleichmütigen Überlebenskünstler. Wichmann verkitscht weder den Moment des Verliebens mit romantischen Zuckungen, noch die Demütigung des Niedergangs mit Selbstmitleid, sondern registriert fast sachlich: So also verläuft ihr Leben. Selbst Moltzen als Metzgermeister, dessen Komplettverrohung zur Karikatur geradezu einläd, oder Almut Zilcher als Valerie, die Kioskbesitzerin und ein Kleinbürger-Vamp mit hohem Männerverschleiß, halten die Balance und machen es sich nicht in der Denunziation ihrer Figuren bequem.
Almut Zilchers Valerie zirkelt grandios jenen Frauentypus auf die Bühne, der in jeder Situation eine Spur zu laut, zu ordinär und am Ende irgendwie auch zu weichherzig ist - und dessen schrill-peinliche Performance einfach nur eine Komplett-Enttäuschung vom Leben überspielt. Der punktgenau schlaffe Alfred von Andreas Döhler (…) agiert seine brutale Würtschenhaftigkeit derart gekonnt aus, dass er sich sein grenzenloses EIgenmitleid tatsächlich selbst zu glauben scheint. Der gebellte Kasernenton von Michael Gerbers Zauberkönig, Mariannes Vater, wird am Ende fast mitleiderregend stimmbrüchig. Und wie sich Katrin Wichmanns Marianne als Strip-Bunny im billigen Goldregen den BH auszieht, während sie schief und dünn das Lied vom „Mädel aus der Wachau“ singt, ist in seiner brutalen Genauigkeit und Trostlosigkeit eigentlich kaum noch zu ertragen. Über zwei pausenlose Stunden schält Michael Thalheimer mit einem erstklassigen Ensemble aus Ödon von Horváths 'Geschichten aus dem Wiener Wald' eine Miniatur-Tragödie nach der anderen heraus. Dass diese Einzeldramen ihren Anlauf gern in der Beinahe-Komödie nehmen, wirkt am Ende nur zusätzlich tragikverschärfend. (...) Thalheimers Konsequenz, das "Volksstück" unter fast vollständigem Effektverzicht im leeren Raum spielen zu lassen (das Programmheft verzeichnet tatsächlich keinen Bühnenbildner), lässt den Darstellern keinerlei Fluchtpunkte. Und die brauchen sie auch nicht: Wie sie das Spiel zwischen Stilisierung und Individualtragödie beherrschen, aus der abstrakten Figurenskizze ins Konkrete switchen und aus der Ironie in den Abgrund, ist schlichtweg großartig.
Almut Zilchers Valerie zirkelt grandios jenen Frauentypus auf die Bühne, der in jeder Situation eine Spur zu laut, zu ordinär und am Ende irgendwie auch zu weichherzig ist - und dessen schrill-peinliche Performance einfach nur eine Komplett-Enttäuschung vom Leben überspielt. Der punktgenau schlaffe Alfred von Andreas Döhler (…) agiert seine brutale Würtschenhaftigkeit derart gekonnt aus, dass er sich sein grenzenloses EIgenmitleid tatsächlich selbst zu glauben scheint. Der gebellte Kasernenton von Michael Gerbers Zauberkönig, Mariannes Vater, wird am Ende fast mitleiderregend stimmbrüchig. Und wie sich Katrin Wichmanns Marianne als Strip-Bunny im billigen Goldregen den BH auszieht, während sie schief und dünn das Lied vom „Mädel aus der Wachau“ singt, ist in seiner brutalen Genauigkeit und Trostlosigkeit eigentlich kaum noch zu ertragen.
Das begnadete DT-Ensemble, das zuletzt so oft Versprechen war, ist hier ganz Erfüllung, bis in die kleinste Nebenrolle hinein. Wie Clowns kommen sie daher, wie Menschen gehen sie ab. Noch die Pappmasken, die Thalheimer ihnen für ihr Schlussbild zugedacht hat, atmen eine dilettantische Ehrlichkeit. (…) "Schau die Sterne – die werden noch droben hängen, wenn wir drunter liegen", sagt Marianne einmal, als sie sich in Alfred verliebt und ihr Gang in den Abgrund naht. Ein Satz mit Unendlichkeit. Eine Theaterwahrhaftigkeit. Wir waren lange nicht so tief drunten und so nah bei den Sternen. Was für ein Beginn! Irgendwo hinten, in der tiefen, dunklen Leere des Bühnenraums hocken die Schattengestalten. Im Zuschauersaal aber geht das Licht an, peu à peu, bis der riesige Kronleuchter des Deutschen Theater gleißend hell ist. Für einen langen, komischen Moment verharrt Michael Thalheimer an der Schwelle, die uns von dem chauvinistischen kleinbürgerlichen Milieu in Ödön von Horváths 'Geschichten aus dem Wiener Wald' zu trennen scheint, an der Schwelle zwischen Parkett und Bühnenwelt: hier wir, im Strahlenglanz, die Kinder der Sonne, bildungsbürgerlich gerüstet zur Feiertagspremiere in dem Haus, in dem Horváths Volksstück 1931 seine Uraufführung feierte. Und dort die im Dunkeln, die man nicht sieht, die derben Horváth-Figuren, mit ihrem hingerotzten Vorstadtdeutsch und ihren dumpfen Lebensanschauungen. Aber dann wechselt das Licht aus dem Saal zur Bühne hinüber, und nichts ist mehr schwarz-weiß, nichts trennscharf. "Ein Mann hat Licht und Schattenseiten, das ist normal", sagt der verschlagene Geck Alfred einmal. Und Thalheimer wird sie an diesem Abend alle bis in die letzten Nuancen durchdringen, die dunklen wie die hellen Seiten. Es ist – mir zumindest – kein Abend erinnerlich, an dem Thalheimer, der große Schwerkraftfinder des deutschen Regietheaters, einen derart leichten, schillernden, komödiantischen Reigen inszeniert hätte. (…)
Das begnadete DT-Ensemble, das zuletzt so oft Versprechen war, ist hier ganz Erfüllung, bis in die kleinste Nebenrolle hinein. Wie Clowns kommen sie daher, wie Menschen gehen sie ab. Noch die Pappmasken, die Thalheimer ihnen für ihr Schlussbild zugedacht hat, atmen eine dilettantische Ehrlichkeit. (…) "Schau die Sterne – die werden noch droben hängen, wenn wir drunter liegen", sagt Marianne einmal, als sie sich in Alfred verliebt und ihr Gang in den Abgrund naht. Ein Satz mit Unendlichkeit. Eine Theaterwahrhaftigkeit. Wir waren lange nicht so tief drunten und so nah bei den Sternen.
Doch so wichtig die Hauptfiguren auch sein mögen, der Rang des Deutschen Theaters als eine der zentralen Bühnen des Landes zeigt sich just in den kleinen Rollen, zu denen es, was die schauspielerische Qualität anlangt, keinerlei Fallhöhe gibt. (...)
Stimmt schon, der Regisseur Michael Thalheimer macht es dem Zuschauer nicht leicht. Aber in seiner Arbeit ist nichts reiner Effekt oder Selbstzweck. Am Schluss eines solchen Abends weiß man wieder, wozu das Theater gut ist. Allerdings könnte ein derart gewagter Abend nie und nimmer gelingen, wenn dem Regisseur nicht ein großartiges, ein wirklich staunenswert gutes Ensemble zur Verfügung stünde. Katrin Wichmann ist eine zunächst mordsmäßig mutige und dann zum Schluss hoffnungslos gebrochene Marianne, die immerhin noch ihren Hass auf diesen zutiefst unberechenbaren Weltenherrscher namens Gott in die Welt spucken kann. Peter Moltzen und Andreas Döhler spielen denkbar gegensätzlich die beiden Männer in ihrem Leben; Moltzen ganz den kontrolliert, aber subkutan hochaggressiven Metzgermeister, Döhler den Hallodri mit starken Brusthaarkapital. (...)
Doch so wichtig die Hauptfiguren auch sein mögen, der Rang des Deutschen Theaters als eine der zentralen Bühnen des Landes zeigt sich just in den kleinen Rollen, zu denen es, was die schauspielerische Qualität anlangt, keinerlei Fallhöhe gibt. (...)
Stimmt schon, der Regisseur Michael Thalheimer macht es dem Zuschauer nicht leicht. Aber in seiner Arbeit ist nichts reiner Effekt oder Selbstzweck. Am Schluss eines solchen Abends weiß man wieder, wozu das Theater gut ist.