Ihre Version des Spiels

von Yasmina Reza
Bühne Katja Haß
Kostüme Anja Rabes
Dramaturgie Juliane Koepp
Uraufführung 2. Oktober 2012
Corinna HarfouchNathalie Oppenheim
Katrin WichmannRosanna Ertel-Keval
Alexander KhuonRoland Boulanger
Bernd StempelDer Bürgermeister
Nathalie Oppenheim
Rosanna Ertel-Keval
Roland Boulanger
Der Bürgermeister
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Gerhard Stadelmaier, 04.10.2012
Und in diesem reinen, kleinen Spiel liegt die Utopie nicht nur der Literatur, darin liegt die Sehnsucht jedes Lebens, das sich selbst leben will. Und nach der Gnade verlangt, nicht weiter befragt zu werden. Es ist der stillste, schönste, reinste Moment in einer tollen, dreistwitzigen Aufführung. Yasmina Reza war anwesend und applaudierte den Schauspielern, die der Autorin applaudierten. Denn es ging ganz und gar um ihr Werk. Also ein wunderbarer Abend. Und in diesem reinen, kleinen Spiel liegt die Utopie nicht nur der Literatur, darin liegt die Sehnsucht jedes Lebens, das sich selbst leben will. Und nach der Gnade verlangt, nicht weiter befragt zu werden. Es ist der stillste, schönste, reinste Moment in einer tollen, dreistwitzigen Aufführung. Yasmina Reza war anwesend und applaudierte den Schauspielern, die der Autorin applaudierten. Denn es ging ganz und gar um ihr Werk. Also ein wunderbarer Abend.
Berliner Zeitung
Dirk Pilz, 04.10.2012
Größer, bewundernswerter jedoch die Kunst einer Corinna Harfouch, die derart realistisch spielt, dass ihre Figur Risse bekommt. Sie nestelt am Haar, fingert am grellgelben Brillenetui, ruckelt mit dem grellgelben Stuhl und nimmt jede Silbe wie eine heiße Kartoffel in den Mund. Es ist, als wolle sie ihre Nathalie Oppenheim vor Wirklichkeitsgehalt zum Platzen bringen, als wüchsen der Figur an den Rändern surreale Fransen, als würde sie vor lauter Überschärfe ins unwirkliche, Gespensterhafte kippen. (…) Sie erspielt sich ein seelisches Figurenmagnetfeld, das man meint, alle anderen seine Ausfällungen ihrer Phantasie. So scheu und hypernervös, wie sie am Beginn des Gesprächs mit Rosanna ist, so angeschossen sie von dieser durch Katrin Wichmann konsequent als journalistische Wadenbeißerin genommene Konkurrenzfrau wirkt, so flattrig sie auf die Avancen des von Alexander Khuon zur Karikatur gewendeten Herrn Bibliothekar reagiert – wenn diese Nathalie explodiert, wenn sie auf den Tisch haut und knalllaut schweigt, wenn sie von der Bühne marschiert und den Rotwein in sich hineinschüttet, ist alles um sie herum Bestandteil einer unverrückbaren Nathalie-Welt. (…) Und es gibt keine raffiniertere Explosionsspielerin als Harfouch, weil niemand so viele Neben- und Hauptwege findet, eine Situation eskalieren zu lassen. Das muss man gesehen haben.
 
Größer, bewundernswerter jedoch die Kunst einer Corinna Harfouch, die derart realistisch spielt, dass ihre Figur Risse bekommt. Sie nestelt am Haar, fingert am grellgelben Brillenetui, ruckelt mit dem grellgelben Stuhl und nimmt jede Silbe wie eine heiße Kartoffel in den Mund. Es ist, als wolle sie ihre Nathalie Oppenheim vor Wirklichkeitsgehalt zum Platzen bringen, als wüchsen der Figur an den Rändern surreale Fransen, als würde sie vor lauter Überschärfe ins unwirkliche, Gespensterhafte kippen. (…) Sie erspielt sich ein seelisches Figurenmagnetfeld, das man meint, alle anderen seine Ausfällungen ihrer Phantasie. So scheu und hypernervös, wie sie am Beginn des Gesprächs mit Rosanna ist, so angeschossen sie von dieser durch Katrin Wichmann konsequent als journalistische Wadenbeißerin genommene Konkurrenzfrau wirkt, so flattrig sie auf die Avancen des von Alexander Khuon zur Karikatur gewendeten Herrn Bibliothekar reagiert – wenn diese Nathalie explodiert, wenn sie auf den Tisch haut und knalllaut schweigt, wenn sie von der Bühne marschiert und den Rotwein in sich hineinschüttet, ist alles um sie herum Bestandteil einer unverrückbaren Nathalie-Welt. (…) Und es gibt keine raffiniertere Explosionsspielerin als Harfouch, weil niemand so viele Neben- und Hauptwege findet, eine Situation eskalieren zu lassen. Das muss man gesehen haben.
 
Die Welt
Ulrich Weinzierl, 04.10.2012
Corinna Harfouch ist schlicht und einfach überwältigend. Allein ihre Verlegenheit, ihre Fahrigkeit, die unzähligen winzigen Gesten des Unbehagens vom Fußscharren aufwärtsfaszinieren. Alles ist gemacht und doch von vollendeter Natürlichkeit. Corinna Harfouch ist schlicht und einfach überwältigend. Allein ihre Verlegenheit, ihre Fahrigkeit, die unzähligen winzigen Gesten des Unbehagens vom Fußscharren aufwärtsfaszinieren. Alles ist gemacht und doch von vollendeter Natürlichkeit.
Berliner Morgenpost
Ulrich Weinzierl, 04.10.2012
Rezas gemischtes Trio entpuppt sich als Kampfspiel in der Arena, Mord und Totschlag sind stets in greifbarer Nähe. Aber, und das bedingt Yasmina Rezas Größe: Auf diesem Schlachtfeld blühen auch zarte Regungen. Es ist die erotische Anziehung zwischen Nathalie und Roland, die im abschließenden furiosen Besäufnis explodiert. Rezas Tragikomödien erinnern an die Peer Gyntsche Zwiebel: Wer zum Kern vordringen möchte, der stößt auf verstörende Leere – der Genuss und die Kunstleistung stecken in bitter-süß-scharfen Aroma der Schalen. Beides ist exquisit. Rezas gemischtes Trio entpuppt sich als Kampfspiel in der Arena, Mord und Totschlag sind stets in greifbarer Nähe. Aber, und das bedingt Yasmina Rezas Größe: Auf diesem Schlachtfeld blühen auch zarte Regungen. Es ist die erotische Anziehung zwischen Nathalie und Roland, die im abschließenden furiosen Besäufnis explodiert. Rezas Tragikomödien erinnern an die Peer Gyntsche Zwiebel: Wer zum Kern vordringen möchte, der stößt auf verstörende Leere – der Genuss und die Kunstleistung stecken in bitter-süß-scharfen Aroma der Schalen. Beides ist exquisit.
Märkische Oderzeitung
Irene Bazinger, 04.10.2012
Pro Vorstellung (kommen) höchstens 120 Zuschauer in den Genuss dieser Aufführung und ihrer formidablen Protagonisten: Katrin Wichmann, die als Rosanna voller Literaturbetriebseitelkeit kerzengerade dasitzt und meist aufgeblasen ins Volk grinst, Alexander Khuon, der als Belletristikjünger Roland die Melancholie wie die Euphorie des Provinzdaseins verkörpert, und Sven Lehmann als Prahlhans von Bürgermeister, der sich beim späteren Cocktailempfang in den Mittelpunkt plappert. Ein wunderbares Ensemble, dem Corinna Harfouch Glanz und Gloria verleiht. Brillant hält sie ihre Natalie in einer dramatischen Schwebe nicht nur zwischen Genie und Wahnsinn, zwischen Zicke und Sensibelchen, sondern mischt kunstvoll in deren nervöse Vordergründigkeit immer wieder hellen Schmerz und klirrende Trauer. Pro Vorstellung (kommen) höchstens 120 Zuschauer in den Genuss dieser Aufführung und ihrer formidablen Protagonisten: Katrin Wichmann, die als Rosanna voller Literaturbetriebseitelkeit kerzengerade dasitzt und meist aufgeblasen ins Volk grinst, Alexander Khuon, der als Belletristikjünger Roland die Melancholie wie die Euphorie des Provinzdaseins verkörpert, und Sven Lehmann als Prahlhans von Bürgermeister, der sich beim späteren Cocktailempfang in den Mittelpunkt plappert. Ein wunderbares Ensemble, dem Corinna Harfouch Glanz und Gloria verleiht. Brillant hält sie ihre Natalie in einer dramatischen Schwebe nicht nur zwischen Genie und Wahnsinn, zwischen Zicke und Sensibelchen, sondern mischt kunstvoll in deren nervöse Vordergründigkeit immer wieder hellen Schmerz und klirrende Trauer.
Neues Deutschland
Hans Dieter Schütt, 04.10.2012
Irgendwann in den zwei Stunden weiß man, dass man guten Schauspielern zuschauen kann, ohne suchend ans Stück zu denken. Katrin Wichmann als Moderatorin spielt trefflich, wie man einen Medienmenschen anknipsen kann wie ein kaltes Licht: dies lächelnde "Ich freue mich auf Sie!", "Was kann ich für Sie tun?" Und dann tut man, was einem an Bosheit so geboten ist. Alexander Khuon ist der aufgeregte, flatternde Organisator der Lesereihe, der tapfer-komisch gegen die Entgleisungen des Abends kämpft. Sven Lehmann als Bürgermeister: auch Elegiker einer unverstandenen Existenz, er redet über Proust und Cracker, scheint beides zu verwechseln. Irgendwann in den zwei Stunden weiß man, dass man guten Schauspielern zuschauen kann, ohne suchend ans Stück zu denken. Katrin Wichmann als Moderatorin spielt trefflich, wie man einen Medienmenschen anknipsen kann wie ein kaltes Licht: dies lächelnde "Ich freue mich auf Sie!", "Was kann ich für Sie tun?" Und dann tut man, was einem an Bosheit so geboten ist. Alexander Khuon ist der aufgeregte, flatternde Organisator der Lesereihe, der tapfer-komisch gegen die Entgleisungen des Abends kämpft. Sven Lehmann als Bürgermeister: auch Elegiker einer unverstandenen Existenz, er redet über Proust und Cracker, scheint beides zu verwechseln.

Außerdem im Spielplan

Mit englischen Übertiteln
von Rainald Goetz
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 21.30