
Jugend ohne Gott
von Ödön von Horváth
Deutschland, Mitte der 1930er Jahre. Ein 34-jähriger Lehrer unterrichtet Geschichte und Geographie an einem Gymnasium. Unter Verleugnung seiner humanistischen Ideale muss er die Jugend "moralisch zum Krieg" erziehen. Seine Schüler sind ihm fremd geworden, haben sich scheinbar problemlos mit dem neuen System arrangiert. Als in einem vormilitärischen Ausbildungslager einer der Schüler ermordet wird, muss der Lehrer eine existenzielle Entscheidung treffen: Den Weg der Anpassung und des Schweigens weiter gehen oder aber die Wahrheit sagen und damit sein bisheriges bequemes Leben gefährden.
In seinem Roman von 1937 entspinnt Ödön von Horváth eine packende Kriminalgeschichte und zeichnet gleichzeitig ein scharfes und erschütterndes Bild seiner Zeit. Er schildert die Kälte und Verlogenheit der faschistischen Gesellschaft, in der eine verlorene Jugend ohne Ideale heranwächst. Die Fragen des Lehrers nach Verantwortung, Moral und der Notwendigkeit eigenen Handelns stellen sich heute nicht weniger drängend.
In seinem Roman von 1937 entspinnt Ödön von Horváth eine packende Kriminalgeschichte und zeichnet gleichzeitig ein scharfes und erschütterndes Bild seiner Zeit. Er schildert die Kälte und Verlogenheit der faschistischen Gesellschaft, in der eine verlorene Jugend ohne Ideale heranwächst. Die Fragen des Lehrers nach Verantwortung, Moral und der Notwendigkeit eigenen Handelns stellen sich heute nicht weniger drängend.
Regie Tilmann Köhler
Bühne Karoly Risz
Kostüme Susanne Uhl
Musik Jörg-Martin Wagner
Dramaturgie Meike Schmitz
Premiere 18. Dezember 2013
Koproduktion mit der HfS ‚Ernst Busch‘
Koproduktion mit der HfS ‚Ernst Busch‘
Christoph Franken

Thorsten Hierse

Anton von Lucke

Helmut Mooshammer

Harry Schäfer

Maike Schmidt

Barbara Schnitzler

Emorio Fao
Außerdem im Spielplan
DT Kontext: Vortrag und Gespräch
Der Traum ist aus? Zur Geschichte und Gegenwart utopischen Denkens
zu Gast: Tobias Brück (Journalist)
Rangfoyer
17.00 - 18.00
Mit englischen Übertiteln
Weltall Erde Mensch
Eine unwahrscheinliche Reise von Alexander Eisenach und Ensemble
Regie: Alexander Eisenach
DT Bühne
18.00 - 21.40
Vorstellung fällt leider aus
Wiederaufnahme
Regie: Jessica Weisskirchen
Leider muss die für heute geplante Vorstellung von Edward II. Die Liebe bin ich entfallen. Der Grund dafür sind Erkrankungen im Ensemble. Sollten Sie bereits Karten erworben haben, wird unser Besucher:innenservice Sie in Kürze kontaktieren.
Anstelle von Edward II. Die Liebe bin ich zeigen wir heute Im Spiegelsaal.
Anstelle von Edward II. Die Liebe bin ich zeigen wir heute Im Spiegelsaal.
Box
19.00
Wiederaufnahme
Eine Inszenierung des DT Jung*
Im Spiegelsaal
Regie: Katharina Bill
Anstelle von Edward II. Die Liebe bin ich zeigen wir heute Im Spiegelsaal.
Box
19:00 - 20:35
Aus einfachen Tischen entstehen Türme, Wälle, Wände (Bühne: Karoly Risz), jede Szene erwächst in geheimnisvoller, organischer Weise aus der vorhergehenden heraus. Auch erstaunlich. Alles darf, alles muss hier das Spielen, Sprechen leisten – ein Regisseur, der mehr auf seine Schauspieler als auf Tricks und Einfälle vertraut. Ein hauchzartes, schwarzes Tuch über dem Kopf, und Barbara Schnitzler ist die trauernde Mutter ihres als Mörder angeklagten Sohnes. Das Tüchlein zur Seite gelegt, der Sprechton sanft verschoben – und schon ist sie die Staatsanwältin. Diese Kunst leichthändischer Verschiebungen beherrschen alle an diesem bemerkenswert konzentrierten Abend, neben Hierse, Franken und Schnitzler Helmut Mooshammer und die drei Studierenden an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Maike Schmidt, Harry Schäfer und Anton von Lucke. Tilmann Köhler (...), der Regisseur dieses knapp dreistündigen Abends in den Kammerspielen des Deutschen Theaters, lässt spielen. Überlässt also die Figuren dem Freiraum des Unabschließbaren, schafft den Schauspielern jene freie, frische Luft, um an- statt auszudeuten, um Figuren, nicht Pappkameraden zu erfinden. Thorsten Hierse zum Beispiel, der Pfarrer, wird so zu einem wunderbar verwandlungsseligen, gestengenauen Frischluftspieler. Christoph Franken, der mit dem Pfarrer debattierende Lehrer, neigt zwar dazu, stimmlich und mimisch zu überpegeln, als hocke seine Figur auf einem siedenden Dampfkessel, der jede Sekunde hochgehen kann, schafft damit jedoch auch eine emotionale, seelendruckreiche Dichte, in der sich Stück und Regie treffen. (...)
Aus einfachen Tischen entstehen Türme, Wälle, Wände (Bühne: Karoly Risz), jede Szene erwächst in geheimnisvoller, organischer Weise aus der vorhergehenden heraus. Auch erstaunlich. Alles darf, alles muss hier das Spielen, Sprechen leisten – ein Regisseur, der mehr auf seine Schauspieler als auf Tricks und Einfälle vertraut. Ein hauchzartes, schwarzes Tuch über dem Kopf, und Barbara Schnitzler ist die trauernde Mutter ihres als Mörder angeklagten Sohnes. Das Tüchlein zur Seite gelegt, der Sprechton sanft verschoben – und schon ist sie die Staatsanwältin. Diese Kunst leichthändischer Verschiebungen beherrschen alle an diesem bemerkenswert konzentrierten Abend, neben Hierse, Franken und Schnitzler Helmut Mooshammer und die drei Studierenden an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Maike Schmidt, Harry Schäfer und Anton von Lucke.
Es ist aber gerade auch der körperliche Einsatz, mit dem die Spieler die Gewalttätigkeit der Schüler, ihre anpasserische Gedrilltheit zeigen. Ein todkranker Schüler kämpft ein fiktives Match mit einem bewunderten Torwart, der ihn am Sterbelager besucht. Helmut Mooshammer ist mal Schüler, dann Vater, dann Pfarrer und Richter, alle Rollen scharf und zugleich leicht satirisch gezeichnet. Köhler gibt auch der Disputation zwischen dem noch ungläubigen Lehrer und dem Pfarrer Raum, der den strafenden, nicht zu verstehenden Gott "das Schrecklichste auf der Welt" nennt und erklärt, die Kirche werde nicht dereinst durch das Nadelöhr passen, weil sie ja selbst dieses Nadelöhr sei. Köhler bringt sein Ensemble nicht nur zu sprechender Bewegung, er choreographiert auch (wenn man das so sagen kann) des Nebeneinander und Ineinander der redenden und erzählenden und einredenden Stimmen. Und zwischendurch, wo es ja um latent faschistischen Ungeist, um Gott und Staat und den Einzelnen geht, singen vier Knaben wiederholt ein "Dies irae, Dies illa". An den Kammerspielen, erst mit Wajdi Mouawads 'Verbrennungen' und nun mit der Adaption von Horváths Roman zeigt Tilmann Köhler wiederum mit minimalistischen Mitteln eine bemerkenswert sprachlich-spielerische Kraft. Köhler dekoriert kein Milieu, er pinselt keine Atmosphäre. Mit nur wenigen Spielern vom Deutschen Theatern und Studenten der Busch-Hochschule, mit schnellen Rollensprüngen, dem raschen Ineinander der Szenen wird er auch der Erzählweise Horváths, dem Wechsel von Dialog und Erzählung, auch den inneren Monologen gerecht. (...)
Es ist aber gerade auch der körperliche Einsatz, mit dem die Spieler die Gewalttätigkeit der Schüler, ihre anpasserische Gedrilltheit zeigen. Ein todkranker Schüler kämpft ein fiktives Match mit einem bewunderten Torwart, der ihn am Sterbelager besucht. Helmut Mooshammer ist mal Schüler, dann Vater, dann Pfarrer und Richter, alle Rollen scharf und zugleich leicht satirisch gezeichnet. Köhler gibt auch der Disputation zwischen dem noch ungläubigen Lehrer und dem Pfarrer Raum, der den strafenden, nicht zu verstehenden Gott "das Schrecklichste auf der Welt" nennt und erklärt, die Kirche werde nicht dereinst durch das Nadelöhr passen, weil sie ja selbst dieses Nadelöhr sei. Köhler bringt sein Ensemble nicht nur zu sprechender Bewegung, er choreographiert auch (wenn man das so sagen kann) des Nebeneinander und Ineinander der redenden und erzählenden und einredenden Stimmen. Und zwischendurch, wo es ja um latent faschistischen Ungeist, um Gott und Staat und den Einzelnen geht, singen vier Knaben wiederholt ein "Dies irae, Dies illa".
Die Szene stammt aus dem Stück 'Jugend ohne Gott' von Ödön von Horváth, das am Mittwoch in den Kammerspielen des Deutschen Theaters als Koproduktion mit der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Premiere hatte. Tilmann Köhler hat bei seiner Inszenierung den Roman für sich sprechen lassen und mit einfachen Mitteln auf die Bühne (Karoly Risz) gebracht. Als Requisiten gibt es nur Tische, Äpfel, Schulhefte und einen Stein. Dadurch zeichnet Tilmann das erschreckende Bild der Jugend aus der Zeit zwischen Weimarer Republik und Zweitem Weltkrieg umso eindrucksvoller nach Diebin Eva mit einem Stein in der Hand küsst den Tagebuchschreiber Z. Sie stehen auf einer Bretterbühne, im Hintergrund stapeln sich die Schultische. Dann brüllt Z (Thorsten Hierse) "Sau" und stößt die Diebin (Maike Schmidt) so brutal von sich weg, dass sie zu Boden fällt. Er stampft mit dem Fuß auf. Der helle, harte Klang von Schuhsohlen auf Holz erfüllt den Theatersaal. Und obwohl diese Szene voll von Gewalt ist, erleben beide miteinander einen Moment der Glückseligkeit. Sie spüren zum ersten Mal, dass sie fühlende Menschen sind.
Die Szene stammt aus dem Stück 'Jugend ohne Gott' von Ödön von Horváth, das am Mittwoch in den Kammerspielen des Deutschen Theaters als Koproduktion mit der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Premiere hatte. Tilmann Köhler hat bei seiner Inszenierung den Roman für sich sprechen lassen und mit einfachen Mitteln auf die Bühne (Karoly Risz) gebracht. Als Requisiten gibt es nur Tische, Äpfel, Schulhefte und einen Stein. Dadurch zeichnet Tilmann das erschreckende Bild der Jugend aus der Zeit zwischen Weimarer Republik und Zweitem Weltkrieg umso eindrucksvoller nach