Die Jungfrau von Orleans

von Friedrich Schiller
Berlin-Premiere 27. September 2013
Koproduktion mit den Salzburger Festspielen
Michael GerberThibaut D'Arc
Kathleen MorgeneyerJohanna
Christoph FrankenKarl der Siebente, König von Frankreich
Meike DrosteAgnes Sorel, seine Geliebte
Andreas DöhlerGraf Dunois, Bastard von Orleans
Henning VogtDu Chatel, königlicher Offizier
Jürgen HuthLa Hire, königlicher Offizier
Almut ZilcherKönigin Isabeau, Karls Mutter
Peter MoltzenPhilipp der Gute, Herzog von Burgund
Markus GrafTalbot, Feldherr der Engländer
Alexander KhuonLionel, englischer Anführer
Thibaut D'Arc
Karl der Siebente, König von Frankreich
Agnes Sorel, seine Geliebte
Graf Dunois, Bastard von Orleans
Du Chatel, königlicher Offizier
La Hire, königlicher Offizier
Königin Isabeau, Karls Mutter
Philipp der Gute, Herzog von Burgund
Talbot, Feldherr der Engländer
Lionel, englischer Anführer
Neue Zürcher Zeitung
Dirk Pilz, 05.08.2013
Thalheimer ist im Umgang mit Friedrich Schillers "romantischer Tragödie" sehr genau: Seine 'Jungfrau von Orleans' ist kein naives Mädel, die zum willfährigen Instrument einer «Götterstimme» wird. Sie ist willige Täterin, Schlächterin im Krieg der Franzosen gegen England. "Tödlich ist's, der Jungfrau zu begegnen", heisst es bei Schiller. Für Thalheimer heißt das, seine Johanna ins Rampenspotlicht zu stellen, ein Schwert in der Hand, todesschwarze Farbe im Gesicht, Blut auf dem weißen Kleid. Nur einmal wird sie ihre Schlachtstätte verlassen, nur einmal jemand in die Augen schauen: Lionel, dem Engländer. Für Johanna fängt damit ihr "Verbrechen" an: "Ein blindes Werkzeug fordert Gott." Es ist bei Thalheimer ein Gott ohne festen Wohnsitz und feste Eigenschaften. So wie Johanna in den Augen ihrer Franzosen eine "Heilige", "Gottgesendete" ist und für die Engländer die "Furchtbare", der "Teufel", so ist sie bei Thalheimer ein Konstrukt der jeweiligen Wahrnehmung: Der Blick, die Perspektive entscheidet alles, für das Gottes- wie das Johanna-Bild.

Thalheimer und seine Dramaturgin Sonja Anders am Deutschen Theater Berlin, das die Inszenierung im Herbst in den Spielplan nehmen wird, haben damit Schillers klug eingekürzten Dramentext konzeptionell auf Johanna als überragende Hauptfigur zugespitzt. Und sie haben mit Kathleen Morgeneyer die passgenaue Schauspielerin. Wie entschieden ernst sie auf der leeren, tiefschwarzen Bühne größtenteils ihre strenge Rollenfassung nimmt, wie sie die Worte spitzt und Blicke schleudert, wie sie den Grat zwischen Gott und Teufel, Hass und Liebe immer schmaler werden lässt – die Perspektiven verdichten sich, die Gedanken schärften sich. Alle Stücklinien führt die Augenspielerin Morgeneyer in ihre Johanna-Blicke zusammen, alle Widersprüche, alle Unvereinbarkeiten. Mitunter ist es, als wäre alles Geschehen nur – nur? – eine Vision Johannas, als würde sie alles Schlachten und Scheitern mehr schauen als erleben.
Thalheimer ist im Umgang mit Friedrich Schillers "romantischer Tragödie" sehr genau: Seine 'Jungfrau von Orleans' ist kein naives Mädel, die zum willfährigen Instrument einer «Götterstimme» wird. Sie ist willige Täterin, Schlächterin im Krieg der Franzosen gegen England. "Tödlich ist's, der Jungfrau zu begegnen", heisst es bei Schiller. Für Thalheimer heißt das, seine Johanna ins Rampenspotlicht zu stellen, ein Schwert in der Hand, todesschwarze Farbe im Gesicht, Blut auf dem weißen Kleid. Nur einmal wird sie ihre Schlachtstätte verlassen, nur einmal jemand in die Augen schauen: Lionel, dem Engländer. Für Johanna fängt damit ihr "Verbrechen" an: "Ein blindes Werkzeug fordert Gott." Es ist bei Thalheimer ein Gott ohne festen Wohnsitz und feste Eigenschaften. So wie Johanna in den Augen ihrer Franzosen eine "Heilige", "Gottgesendete" ist und für die Engländer die "Furchtbare", der "Teufel", so ist sie bei Thalheimer ein Konstrukt der jeweiligen Wahrnehmung: Der Blick, die Perspektive entscheidet alles, für das Gottes- wie das Johanna-Bild.

Thalheimer und seine Dramaturgin Sonja Anders am Deutschen Theater Berlin, das die Inszenierung im Herbst in den Spielplan nehmen wird, haben damit Schillers klug eingekürzten Dramentext konzeptionell auf Johanna als überragende Hauptfigur zugespitzt. Und sie haben mit Kathleen Morgeneyer die passgenaue Schauspielerin. Wie entschieden ernst sie auf der leeren, tiefschwarzen Bühne größtenteils ihre strenge Rollenfassung nimmt, wie sie die Worte spitzt und Blicke schleudert, wie sie den Grat zwischen Gott und Teufel, Hass und Liebe immer schmaler werden lässt – die Perspektiven verdichten sich, die Gedanken schärften sich. Alle Stücklinien führt die Augenspielerin Morgeneyer in ihre Johanna-Blicke zusammen, alle Widersprüche, alle Unvereinbarkeiten. Mitunter ist es, als wäre alles Geschehen nur – nur? – eine Vision Johannas, als würde sie alles Schlachten und Scheitern mehr schauen als erleben.
Berliner Zeitung
K. Erik Franzen, 29.07.2013
Ihre Omnipräsenz überschattet alles. Alle anderen Figuren agieren im Dunklen, sie bekommen nur dann ein paar Lichtstrahlen zugeteilt, wenn sie sich der Johanna nähern. Sie sprechen, selbst wenn sie an der Rampe stehen, ohne Unterstützung der Schweinwerfer. Schnell ist also klar, dass hier nicht der Außenraum, sondern Johannas Innensicht gezeigt wird.
Thalheimer konzentriert sich ganz darauf, die Jungfrau von Orleans zu verstehen, das Mädchen mit dem "männlichen Herzen", das sich kompromisslos einem göttlichen Auftrag verschrieben hat und ohne jegliches Mitleid mordet – bis es die Liebe kennenlernt und dadurch die Mordlust verliert. Erzählt wird – nahezu in Zeitlupe – weniger die Geschichte einer Persönlichkeitsstörung als einer jugendlichen Identitätskrise. (...)

Trotz allem bleibt es in dieser Schiller-Lehrstunde nicht bei einem Solostück. Das ist nicht nur den Nebenrollen zu verdanken, deren Darsteller teilweise unsichtbar, aber stimmgewaltig aus dem Off zu spüren sind. Almut Zilcher glänzt als derbe, schwarz gekleidete und das Leben wild liebende Königin Isabeau, die auf Stöckelschuhen durchs Leben stolziert. Ihr Sohn, Karl der Siebte, König von Frankreich, ist mehr als eine heimliche Hauptfigur. Christoph Franken spielt ihn als durchgedrehten Herrscher, der gar nicht weiß, wie viele Stimmen in seinem Kopf summen. Hin und her gerissen zwischen Vaterlandsliebe, Patriotismus, Feigheit und labilem Selbstwertgefühl tippelt er im Pelzmantel, mit rot geschminkten Lippen und einer simpel gezackten Krone über die Bühne und spricht seine wilden Worte ins Leere. Letztlich ist er seiner Frau Agnes verfallen – mehr interessiert ihn nicht.
Ihre Omnipräsenz überschattet alles. Alle anderen Figuren agieren im Dunklen, sie bekommen nur dann ein paar Lichtstrahlen zugeteilt, wenn sie sich der Johanna nähern. Sie sprechen, selbst wenn sie an der Rampe stehen, ohne Unterstützung der Schweinwerfer. Schnell ist also klar, dass hier nicht der Außenraum, sondern Johannas Innensicht gezeigt wird.
Thalheimer konzentriert sich ganz darauf, die Jungfrau von Orleans zu verstehen, das Mädchen mit dem "männlichen Herzen", das sich kompromisslos einem göttlichen Auftrag verschrieben hat und ohne jegliches Mitleid mordet – bis es die Liebe kennenlernt und dadurch die Mordlust verliert. Erzählt wird – nahezu in Zeitlupe – weniger die Geschichte einer Persönlichkeitsstörung als einer jugendlichen Identitätskrise. (...)

Trotz allem bleibt es in dieser Schiller-Lehrstunde nicht bei einem Solostück. Das ist nicht nur den Nebenrollen zu verdanken, deren Darsteller teilweise unsichtbar, aber stimmgewaltig aus dem Off zu spüren sind. Almut Zilcher glänzt als derbe, schwarz gekleidete und das Leben wild liebende Königin Isabeau, die auf Stöckelschuhen durchs Leben stolziert. Ihr Sohn, Karl der Siebte, König von Frankreich, ist mehr als eine heimliche Hauptfigur. Christoph Franken spielt ihn als durchgedrehten Herrscher, der gar nicht weiß, wie viele Stimmen in seinem Kopf summen. Hin und her gerissen zwischen Vaterlandsliebe, Patriotismus, Feigheit und labilem Selbstwertgefühl tippelt er im Pelzmantel, mit rot geschminkten Lippen und einer simpel gezackten Krone über die Bühne und spricht seine wilden Worte ins Leere. Letztlich ist er seiner Frau Agnes verfallen – mehr interessiert ihn nicht.
nachtkritik.de
Otto Paul Burkhardt, 29.07.2013
Wie gesagt, totale Reduktion. So beginnt der Schillersche Text, der, mit Realien unterfüttert, leicht ins Lächerliche geraten kann, bei Thalheimer zu leben, zu schwingen, davon zu fliegen. Rüstungen? Kaum, nur ein paar Kettenhauben und Schwerter als atmo-stiftende Anmutungen. Schlachten? Nichts dergleichen. Die Krieger, gleichwohl blutverschmiert, kommen alle aus der Tiefe des Raumes, prallen gleichsam an der wie angewurzelt stehenden Johanna ab und verschwinden wieder nach hinten. Wie wird gestorben? Stilisiert und doch krass. Das gespuckte Blut befleckt das tugendreine Gewand Johannas. Ja, manchmal wirkt Johanna wie ein Denkmal ihrer selbst. Wie ein versteinerter Traum. Wie eine erstarrte Ikone. Eine zum Töten fähige, 17-jährige Bauerntochter, die mit eiserner Stimme chauvinistische Schmähungen und Propagandalügen ins Publikum schmettert, von "Niedermähen", "Schmach" und "der Führer Mut" schwadroniert, wie es ein männerdominierter, kriegstreiberischer Medienapparat kaum besser könnte. Eine Frau, die ihr Keuschheitsgelübde wie einen Überlebensschutz nutzt. Und die alles zu verlieren glaubt, weil sie ihren Blick in das Gesicht des englischen Heerführers Lionel (Alexander Khuon) als Bruch ihres Askeseversprechens interpretiert. Wie gesagt, totale Reduktion. So beginnt der Schillersche Text, der, mit Realien unterfüttert, leicht ins Lächerliche geraten kann, bei Thalheimer zu leben, zu schwingen, davon zu fliegen. Rüstungen? Kaum, nur ein paar Kettenhauben und Schwerter als atmo-stiftende Anmutungen. Schlachten? Nichts dergleichen. Die Krieger, gleichwohl blutverschmiert, kommen alle aus der Tiefe des Raumes, prallen gleichsam an der wie angewurzelt stehenden Johanna ab und verschwinden wieder nach hinten. Wie wird gestorben? Stilisiert und doch krass. Das gespuckte Blut befleckt das tugendreine Gewand Johannas. Ja, manchmal wirkt Johanna wie ein Denkmal ihrer selbst. Wie ein versteinerter Traum. Wie eine erstarrte Ikone. Eine zum Töten fähige, 17-jährige Bauerntochter, die mit eiserner Stimme chauvinistische Schmähungen und Propagandalügen ins Publikum schmettert, von "Niedermähen", "Schmach" und "der Führer Mut" schwadroniert, wie es ein männerdominierter, kriegstreiberischer Medienapparat kaum besser könnte. Eine Frau, die ihr Keuschheitsgelübde wie einen Überlebensschutz nutzt. Und die alles zu verlieren glaubt, weil sie ihren Blick in das Gesicht des englischen Heerführers Lionel (Alexander Khuon) als Bruch ihres Askeseversprechens interpretiert.
Münchner Merkur
Michael Schleicher, 30.07.2013
Ein Skandal? Nein. Vielmehr eine kluge und stilistisch radikale Sicht auf Schillers Drama. Schlachtengemälde, Kriegsschauplätze, Waffenklirren – all das interessiert den Regisseur dieser Festspielproduktion nicht, die in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Theater Berlin entstanden ist und dort am 27. September herauskommt. Ein paar Schwerter und eine Krone genügen Thalheimer zur historischen Verortung, seine Schauspieler lässt er zurückgenommen agieren. Der Regisseur hat das Stück auf den Kern reduziert, ganz auf Johanna zugeschnitten, der Hirtentochter mit dem göttlichen Kampfauftrag. Ein kluges, eindringliches Destillat.

Auf der Bühne geschieht in den zweieinviertel pausenlosen Stunden wenig – und dennoch unglaublich viel. Am vorderen rechten Bühnenrand steht Kathleen Morgeneyer im schlichten, weißen Kleid, das Schwert in der rechten Hand. Ihre Johanna wird sich kaum bewegen an diesem Abend, ihr Blick geht meist über die Zuschauer hinweg ins Nirgendwo. Die einzige Lichtquelle auf der Bühne trifft sie. Ein heller Strahl hebt das Mädchen, das Frankreich von den Engländern befreien soll, aus dem Dunkel hervor. Alle anderen Figuren lässt Thalheimer aus der Finsternis treten: Sie sprechen meist im Zwielicht, sind nur schemenhaft zu erkennen. Mancher Premierengast begriff das als Provokation, dabei ist Thalheimers Idee so simpel wie einleuchtend: Johanna handelt im göttlichen Auftrag, alle anderen müssen sich an sie drängen, wollen sie auch mal im Licht stehen.
Ein Skandal? Nein. Vielmehr eine kluge und stilistisch radikale Sicht auf Schillers Drama. Schlachtengemälde, Kriegsschauplätze, Waffenklirren – all das interessiert den Regisseur dieser Festspielproduktion nicht, die in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Theater Berlin entstanden ist und dort am 27. September herauskommt. Ein paar Schwerter und eine Krone genügen Thalheimer zur historischen Verortung, seine Schauspieler lässt er zurückgenommen agieren. Der Regisseur hat das Stück auf den Kern reduziert, ganz auf Johanna zugeschnitten, der Hirtentochter mit dem göttlichen Kampfauftrag. Ein kluges, eindringliches Destillat.

Auf der Bühne geschieht in den zweieinviertel pausenlosen Stunden wenig – und dennoch unglaublich viel. Am vorderen rechten Bühnenrand steht Kathleen Morgeneyer im schlichten, weißen Kleid, das Schwert in der rechten Hand. Ihre Johanna wird sich kaum bewegen an diesem Abend, ihr Blick geht meist über die Zuschauer hinweg ins Nirgendwo. Die einzige Lichtquelle auf der Bühne trifft sie. Ein heller Strahl hebt das Mädchen, das Frankreich von den Engländern befreien soll, aus dem Dunkel hervor. Alle anderen Figuren lässt Thalheimer aus der Finsternis treten: Sie sprechen meist im Zwielicht, sind nur schemenhaft zu erkennen. Mancher Premierengast begriff das als Provokation, dabei ist Thalheimers Idee so simpel wie einleuchtend: Johanna handelt im göttlichen Auftrag, alle anderen müssen sich an sie drängen, wollen sie auch mal im Licht stehen.
Südkurier
Elisabeth Schwind, 29.07.2013
Thalheimer dekonstruiert nicht, er psychologisiert nicht, er hinterfragt nicht, er aktualisiert nicht. Er konzentriert einfach nur, das aber konsequent und radikal. Johanna ist Kind, Jungfrau, Lichtgestalt – eigentlich wie bei Schiller, nun aber ganz buchstäblich. (...)

So schlicht Thalheimers Idee der Konzentration auf Johanna ist, so verblüffend intensiv ist die Wirkung. Man sieht nur sie, schweigend, während im Hintergrund die prekäre Lage Frankreichs diskutiert wird. Man sieht vor allem sie, als dem König die Nachrichten von den Wundern auf dem Schlachtfeld überbracht werden. Ist der Gotteskrieg vielleicht nur eine Erinnerung Johannas, ein Versuch der Selbstinszenierung oder gar ihr Wunschtraum? Thalheimer stellt diese Frage, beantwortet sie aber nicht.

Das größte Wunder dieses Abends aber ist Kathleen Morgeneyer, die fast unbeweglich, mit sparsamster Gestik und komplett zurückgeworfen auf den nackten Text diesen formt und knetet, flüstert und ausspeit, bis da die leibhaftige Johanna vor uns steht. Das ist ganz große Schauspielkunst.
Thalheimer dekonstruiert nicht, er psychologisiert nicht, er hinterfragt nicht, er aktualisiert nicht. Er konzentriert einfach nur, das aber konsequent und radikal. Johanna ist Kind, Jungfrau, Lichtgestalt – eigentlich wie bei Schiller, nun aber ganz buchstäblich. (...)

So schlicht Thalheimers Idee der Konzentration auf Johanna ist, so verblüffend intensiv ist die Wirkung. Man sieht nur sie, schweigend, während im Hintergrund die prekäre Lage Frankreichs diskutiert wird. Man sieht vor allem sie, als dem König die Nachrichten von den Wundern auf dem Schlachtfeld überbracht werden. Ist der Gotteskrieg vielleicht nur eine Erinnerung Johannas, ein Versuch der Selbstinszenierung oder gar ihr Wunschtraum? Thalheimer stellt diese Frage, beantwortet sie aber nicht.

Das größte Wunder dieses Abends aber ist Kathleen Morgeneyer, die fast unbeweglich, mit sparsamster Gestik und komplett zurückgeworfen auf den nackten Text diesen formt und knetet, flüstert und ausspeit, bis da die leibhaftige Johanna vor uns steht. Das ist ganz große Schauspielkunst.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Simon Strauß, 29.09.2013
Johanna strahlt umso kräftiger. Und weil sie sich nicht von der Stelle rühren, nicht bewegen darf, ist es allein ihr Gesicht, mit dem sie kraft- und eindrucksvoll spielt. Auf ihm spiegelt sich in immer neuen Facetten das ganze Glück und Elend ihrer tragischen Geschichte. Der jungfräulichen Hirtin rollen beim Abschied vom väterlichen Hof glitzernde Tränen über die Wangen, am französischen Königshof blähen sich der von Gott erwählten Retterin vor Aufregung und Stolz die Nasenflügel ganz weit auf, und dem grausamen Racheengel auf dem Schlachtfeld verzieht sich der Mund zu einer so hässlichen, blutgierigen Fratze, dass man sich schaudernd abwendet.

Die junge Kathleen Morgeneyer hat ein unendliches Repertoire an Gesichtern und Stimmfarben, ihr mitreißendes, bewegliches Spiel bricht die starre Eisdecke des Regiekonzepts immer wieder auf. Sie anschauen zu dürfen, das ist ein großes Glück.
Johanna strahlt umso kräftiger. Und weil sie sich nicht von der Stelle rühren, nicht bewegen darf, ist es allein ihr Gesicht, mit dem sie kraft- und eindrucksvoll spielt. Auf ihm spiegelt sich in immer neuen Facetten das ganze Glück und Elend ihrer tragischen Geschichte. Der jungfräulichen Hirtin rollen beim Abschied vom väterlichen Hof glitzernde Tränen über die Wangen, am französischen Königshof blähen sich der von Gott erwählten Retterin vor Aufregung und Stolz die Nasenflügel ganz weit auf, und dem grausamen Racheengel auf dem Schlachtfeld verzieht sich der Mund zu einer so hässlichen, blutgierigen Fratze, dass man sich schaudernd abwendet.

Die junge Kathleen Morgeneyer hat ein unendliches Repertoire an Gesichtern und Stimmfarben, ihr mitreißendes, bewegliches Spiel bricht die starre Eisdecke des Regiekonzepts immer wieder auf. Sie anschauen zu dürfen, das ist ein großes Glück.
Die Zeit
Peter Kümmel, 08.08.2013
Die heilige Johanna steht in einem dunklen, geschlossenen, gekrümmten Raum, der so wirkt wie das leere Innere eines Globus, durch ein Loch hoch droben fällt Licht, der Strahl deutet schräg herein, sodass man die dünne Schale ahnt, die den Raum umgibt. Es könnte sein, dass der Lichtstrahl selbst das Loch in sie hineingebrannt hat. Anders gesagt: dass Gott die dunkle Welt aufgebohrt hat, um in ihrem Inneren einen Menschen zu finden.

Dies ist das prägende Zeichen des Abends, die maßgebliche Geste in Michael Thalheimers Inszenierung von Schillers romantischer Tragödie Die Jungfrau von Orleans bei den Salzburger Festspielen: Lichtstrahl trifft Johanna. Beide lösen sich nicht voneinander, beide bedingen einander. Alles, was geschieht, sehen wir durch Johannas Augen. Und dass sie es sieht, verdankt sie dem Licht, von dem sie erleuchtet wird.
Die heilige Johanna steht in einem dunklen, geschlossenen, gekrümmten Raum, der so wirkt wie das leere Innere eines Globus, durch ein Loch hoch droben fällt Licht, der Strahl deutet schräg herein, sodass man die dünne Schale ahnt, die den Raum umgibt. Es könnte sein, dass der Lichtstrahl selbst das Loch in sie hineingebrannt hat. Anders gesagt: dass Gott die dunkle Welt aufgebohrt hat, um in ihrem Inneren einen Menschen zu finden.

Dies ist das prägende Zeichen des Abends, die maßgebliche Geste in Michael Thalheimers Inszenierung von Schillers romantischer Tragödie Die Jungfrau von Orleans bei den Salzburger Festspielen: Lichtstrahl trifft Johanna. Beide lösen sich nicht voneinander, beide bedingen einander. Alles, was geschieht, sehen wir durch Johannas Augen. Und dass sie es sieht, verdankt sie dem Licht, von dem sie erleuchtet wird.

Außerdem im Spielplan

Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
19.30 - 22.10