
Melissa kriegt alles
von René Pollesch
F: Ich hab neulich so'n Buch angefangen zu lesen, über 'nen Erickson, das ist ein Psychotherapeut in Amerika gewesen, und worum der sich gekümmert hat, ist Hypnose. Da werden verschiedene Methoden angerissen, wie man jemanden in Hypnose versetzen kann, und es gibt nicht nur die klassische Variante mit Finger hin und her oder Pendel oder so. Er sagt, man kann einfach auch jemandem das eine sagen, und dann das andere, das dem komplett widerspricht, dann kann man den schon so’n bisschen in Trance versetzen. In meinem Leben ja auch, wenn ich zum Beispiel sage, ich krieg Hartz IV oder so, und trotzdem wird mir gesagt, kauf möglichst alles bio oder so, für die guten Hühner, ja? Und wie soll ich denn das machen? Ich bin natürlich, wie soll ich sagen, wenn ich Eier kaufe, permanent in Trance. Du hast diese Bioeier im Kopf und steuerst dann bei Rewe auf die Ja!-Kisten zu. So laufe ich durch 'nen Supermarkt.
Regie René Pollesch
Bühne Nina von Mechow
Kostüme Tabea Braun
Video Ute Schall
Licht Matthias Vogel
Dramaturgie Anna Heesen
Uraufführung
29. August 2020
Deutsches Theater
29. August 2020
Deutsches Theater
Kathrin Angerer

Franz Beil
Jeremy Mockridge

Bernd Moss

Katrin Wichmann

Martin Wuttke

Außerdem im Spielplan
Vorstellung fällt leider aus
Regie: Jessica Weisskirchen
Leider muss die Vorstellung von Edward II. Die Liebe bin ich entfallen. Der Grund dafür sind Erkrankungen im Ensemble.
Box
19.00
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Wiederaufnahme
Regie: Christian Schwochow
DT Bühne
20.00 - 21.15
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Bar
21.00
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
[...]
Wie verhält der Dramatiker Pollesch sich zur Seuche? Kurze Antwort: Er macht weiter wie bisher. Er braucht die Seuche nicht als Thema, sein Theater ist größer als sie. Nur ganz wenige Hinweise erlaubt er sich darauf, dass auch ihm die Pandemie nicht entgangen ist, und er feiert wölfisch deren gute Seiten.
[René Polleschs] Melissa-Projekt hat, wie stets bei Pollesch, wunderbare Schauspieler, allen voran Martin Wuttke und Kathi Angerer. Wuttke gibt den Ton des Abends vor, ein Räuspern der Verlegenheit, das er vermutlich bei Woody Allen studiert hat: das Stottern eines Mannes, dem etwas eingefallen ist, was er keinesfalls sagen sollte, und der schon weiß, dass er es nicht schaffen wird, es zu verschweigen.
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Wie verhält der Dramatiker Pollesch sich zur Seuche? Kurze Antwort: Er macht weiter wie bisher. Er braucht die Seuche nicht als Thema, sein Theater ist größer als sie. Nur ganz wenige Hinweise erlaubt er sich darauf, dass auch ihm die Pandemie nicht entgangen ist, und er feiert wölfisch deren gute Seiten.
Es ist eine Mischung aus Amüsiertheit und einem wachsenden Unverständnis und dann – wie das immer bei René Pollesch ist – wacht man plötzlich auf und bekommt ganz scharfe und klar formulierte Gedanken geboten, die einen wieder ein Stück weiter bringen. […] Es gibt immer wieder ganz wunderbare charmante Momente, was […] sehr mit der Besetzung zu tun hat. Neben Kathrin Angerer ist auch Martin Wuttke dabei, es ist Katrin Wichmann dabei […]. Es ist Jeremy Mockridge dabei, Franz Beil, Bernd Moss. Sie alle machen das auf ihre Weise ganz wunderbar. [...]
[Es ist ein Abend], der sich so ein bisschen behauptet gegen dieses Corona-Diktat. Ein Abend, der also sagt: Wir machen hier das, was wir sonst auch gemacht hätten. Wir reden über diese philosophischen, theatertheoretischen, lebenstheoretischen Fragen und lassen uns von diesem Corona-Thema nicht alles vorgeben und nicht alles diktieren. Diesmal geht es, wie häufiger in den letzten Arbeiten, die [René Pollesch] am DT gemacht hat, auch immer ums Theater selbst. Er setzt sich mit Theorien des Theaters auseinander, er kommt auch immer wieder auf Brecht zu sprechen. Heute Abend ging es sehr oft um das 'Theater der Trance'. […]
Es ist eine Mischung aus Amüsiertheit und einem wachsenden Unverständnis und dann – wie das immer bei René Pollesch ist – wacht man plötzlich auf und bekommt ganz scharfe und klar formulierte Gedanken geboten, die einen wieder ein Stück weiter bringen. […] Es gibt immer wieder ganz wunderbare charmante Momente, was […] sehr mit der Besetzung zu tun hat. Neben Kathrin Angerer ist auch Martin Wuttke dabei, es ist Katrin Wichmann dabei […]. Es ist Jeremy Mockridge dabei, Franz Beil, Bernd Moss. Sie alle machen das auf ihre Weise ganz wunderbar. [...]
[Es ist ein Abend], der sich so ein bisschen behauptet gegen dieses Corona-Diktat. Ein Abend, der also sagt: Wir machen hier das, was wir sonst auch gemacht hätten. Wir reden über diese philosophischen, theatertheoretischen, lebenstheoretischen Fragen und lassen uns von diesem Corona-Thema nicht alles vorgeben und nicht alles diktieren.
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Dialektik oder Paradoxie? [...] [Auch] Jeremy Mockridge, Bernd Moss und Katrin Wichmann aus dem DT-Cast [finden] bei der vierten Zusammenarbeit ihren ganz eigenen Pollesch-Kaskaden-Ton, besonders in den mit persönlichen Erfahrungen angereicherten Episoden dieses Autorentheaters.
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Wider die - so steht es im Text - 'Repräsentationsroutine des Lebens' hat Renée Pollesch mit seinen Darstellern für das Deutsche Theater eine kleine bezugsreiche Zeitreise entwickelt.
Dominant im slapstickreichen Motiv-Gewimmel, gerne mal an der Pole-Stange, ist die Auseinandersetzung mit dem Theater: Wie es heute gespielt wird und damals in den Arenen der alten Griechen, als es noch um Leben und Tod ging. Um eine grundlegende Unentschiedenheit.
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Dialektik oder Paradoxie? [...] [Auch] Jeremy Mockridge, Bernd Moss und Katrin Wichmann aus dem DT-Cast [finden] bei der vierten Zusammenarbeit ihren ganz eigenen Pollesch-Kaskaden-Ton, besonders in den mit persönlichen Erfahrungen angereicherten Episoden dieses Autorentheaters.
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Wider die - so steht es im Text - 'Repräsentationsroutine des Lebens' hat Renée Pollesch mit seinen Darstellern für das Deutsche Theater eine kleine bezugsreiche Zeitreise entwickelt.
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Hier geht es nicht um Story, Plot und Katharsis, es geht um die Leitplanken unseres Denkens und um die Frage, wer sie wie formatiert hat – oder, anders gewendet, um Ängste und Wünsche, die wir hegen und die Frage, warum wir das eigentlich tun. Die sechs Schauspieler, die [René Pollesch] diesmal auf die Bühne gestellt hat [...] fallen natürlich erst einmal durch den sowjetischen Chic ins Auge, den sie vor einem mit Hammer und Sichel tapezierten Kasten [...] zur Schau tragen. Kostümbildnerin Tabea Braun hat zum Beispiel Martin Wuttke ein hübsches Nachthemd mit aufgedrucktem Prawda-Layout auf den Leib geschneidert [...].
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Hier geht es nicht um Story, Plot und Katharsis, es geht um die Leitplanken unseres Denkens und um die Frage, wer sie wie formatiert hat – oder, anders gewendet, um Ängste und Wünsche, die wir hegen und die Frage, warum wir das eigentlich tun.
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Pollesch ist derzeit vielleicht der rabiateste und zugleich verspielteste Aufklärer an deutschen Bühnen. Er glaubt all den schier unumstößlichen Wahrheiten des Tages nicht, denn er macht den einfachen rhetorischen Stoß-Test - er rempelt sie an und siehe, das Kartenhaus der falschen Gewissheiten fällt jedesmal in sich zusammen.
Die wahren Philosophen sind jene, die keine geraden Satz sprechen können, weil sie die Legitimität einer gegenteiligen Äußerung immer gleichzeitig mit in Rechnung stellen. Das macht Pollesch-Abende so erhellend, weil sie irgendwie direkt von der Resterampe des Abendlandes geholt scheinen, aber nicht larmoyant, sondern so, als wollte er damit eine Expedition in den Untergrund ausstatten. Auch in der Kanalisation unter dem Deutschen Theater muss ein Phantom wohnen, mit dem jederzeit zu rechnen ist!
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Pollesch ist derzeit vielleicht der rabiateste und zugleich verspielteste Aufklärer an deutschen Bühnen. Er glaubt all den schier unumstößlichen Wahrheiten des Tages nicht, denn er macht den einfachen rhetorischen Stoß-Test - er rempelt sie an und siehe, das Kartenhaus der falschen Gewissheiten fällt jedesmal in sich zusammen.