
Limited Edition
schlammland gewalt
Bierzeltluft, Brathendl und Blasmusik: In dieser Atmosphäre spielt der neue Text des Bachmann-Preisträgers Ferdinand Schmalz.
Während der Toni und die Sandra sich aus dem Bierzelt davonstehlen, um übereinander herzufallen, "reißt er auf sein maul, der zeiringer, um schneidend zu benennen: 'spinnerin'." Im Bierzelt wird all das ausagiert, was den dörflichen Alltag sonst latent durchzieht. Dort werden Grenzen überschritten, Probleme klar beim Namen benannt, Träume ausgelebt und der tierischen Natur freien Lauf gelassen. Die schlammige Masse, die aus den Untergründen ans Licht kommt, erdrückt letztlich die Feiernden. Die Natur befreit die Enge des Sozialen von sich selbst.
In seinem Prosatext schlammland gewalt beschreibt Ferdinand Schmalz, Experte für die Untersuchung der österreichischen (und deutschen) Gewaltverhältnisse, deren Alltäglichkeit und Normalisierung, den Exzess eines Dorffestes. Er findet für die latente Brutalität des dörflichen Alltags sowohl eine drastische Sprache wie auch Bilder, die in diesem Ereignis handfest werden. Ein Text über Deutschland, über Österreich, über die "Bluturenge" (Marx) der Provinz.
Nach der herzerlfresser und der thermale widerstand, ist es der dritte Text von Ferdinand Schmalz, der in der Box zu erleben sein wird.
Während der Toni und die Sandra sich aus dem Bierzelt davonstehlen, um übereinander herzufallen, "reißt er auf sein maul, der zeiringer, um schneidend zu benennen: 'spinnerin'." Im Bierzelt wird all das ausagiert, was den dörflichen Alltag sonst latent durchzieht. Dort werden Grenzen überschritten, Probleme klar beim Namen benannt, Träume ausgelebt und der tierischen Natur freien Lauf gelassen. Die schlammige Masse, die aus den Untergründen ans Licht kommt, erdrückt letztlich die Feiernden. Die Natur befreit die Enge des Sozialen von sich selbst.
In seinem Prosatext schlammland gewalt beschreibt Ferdinand Schmalz, Experte für die Untersuchung der österreichischen (und deutschen) Gewaltverhältnisse, deren Alltäglichkeit und Normalisierung, den Exzess eines Dorffestes. Er findet für die latente Brutalität des dörflichen Alltags sowohl eine drastische Sprache wie auch Bilder, die in diesem Ereignis handfest werden. Ein Text über Deutschland, über Österreich, über die "Bluturenge" (Marx) der Provinz.
Nach der herzerlfresser und der thermale widerstand, ist es der dritte Text von Ferdinand Schmalz, der in der Box zu erleben sein wird.
Regie Josua Rösing
Bühne / Kostüme Mira König
Musik Sebastian Deufel
Dramaturgie Ulrich Beck, Joshua Wicke
Uraufführung am 22. Dezember 2017, Box
Thorsten Hierse

Caner Sunar

Olga Wäscher

Sebastian DeufelLive-Musik
Sebastian Deufel
Live-Musik
Außerdem im Spielplan
Mit englischen Übertiteln
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln
Forever Yin Forever Young
Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 21.30
Schmalz schickt seinem kleinen Stück einen poetischen, vom Schauspieler Thorsten Hierse vorgetragenen Monolog voraus, indem wie in einer alten Sage die im Nebel verirrten toten Wanderer des Teufelsfelds beschworen werden. Eine mystische Naturbeschreibung, in der es um den Verlust der Orientierung, das Ungewisse in der Nebelwand und das Im-Kreis-Laufen geht. Zusammen mit dem braunen Schlamm, in den sich im dauernden Regen das Land um das Dorffest verwandelt, ergibt das eine recht gute Metapher für die sich momentan in Auflösung befindliche Gesellschaft. [...]
Obwohl viel vom Fleischschneiden, von Dreck, Blut und spritzendem Bratensaft die Rede ist, bleibt die Inszenierung von Josua Rösing fast schon aseptisch rein. Die Bühne von Mira König besteht aus einer Plastikplane in deren Mitte Sebastian Deufel sein Schlagzeug zum Takt der Worte bedient. Thorsten Hierse, Caner Sunar, Olga Wäscher stecken wie nackte Hendl in beigefarbenen Kapuzenanzügen mit Gummischürzen. Der österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz ist bekannt für seine poetischen, sprach- und bildgewaltigen Texte, die an Elfriede Jelinek oder Werner Schwab erinnern. Nachdem der Autor in diesem Jahr den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt gewinnen konnte, wird er wohl auch bald seinen ersten Roman vorlegen. Zunächst hat er aber für die Box des Deutschen Theaters mit "schlammland gewalt" wieder einen seiner mit Wortspielereien reichen Theater-Text vorgelegt. Das Stück läuft in der Reihe "Limited Edition", in der sich junge DramaturgInnen und RegisseurInnen in recht kurzer Vorbereitungszeit dem Publikum präsentieren können. [...]
Schmalz schickt seinem kleinen Stück einen poetischen, vom Schauspieler Thorsten Hierse vorgetragenen Monolog voraus, indem wie in einer alten Sage die im Nebel verirrten toten Wanderer des Teufelsfelds beschworen werden. Eine mystische Naturbeschreibung, in der es um den Verlust der Orientierung, das Ungewisse in der Nebelwand und das Im-Kreis-Laufen geht. Zusammen mit dem braunen Schlamm, in den sich im dauernden Regen das Land um das Dorffest verwandelt, ergibt das eine recht gute Metapher für die sich momentan in Auflösung befindliche Gesellschaft. [...]
Obwohl viel vom Fleischschneiden, von Dreck, Blut und spritzendem Bratensaft die Rede ist, bleibt die Inszenierung von Josua Rösing fast schon aseptisch rein. Die Bühne von Mira König besteht aus einer Plastikplane in deren Mitte Sebastian Deufel sein Schlagzeug zum Takt der Worte bedient. Thorsten Hierse, Caner Sunar, Olga Wäscher stecken wie nackte Hendl in beigefarbenen Kapuzenanzügen mit Gummischürzen.
Drei Schauspieler (Thorsten Hierse, Caner Sunar und Olga Wäscher) sowie ein Live-Musiker (Sebastian Deufel) sind auf der klitzekleinen Bühne, und die ist mit Plastikplanen ausgelegt, die Schauspieler tragen fleischfarbene Ganzkörperhüllen und Metzgerschürzen. Doch es regnet nicht, kein Schlamm wälzt sich über die Bühne, kein Blut fließt in Strömen, nichts Reales geschieht, alles ist pure Sprache, Wortklauberei, rhetorisches Scharmützel.
Die drei Sprecher intonieren den Text mal einstimmig, mal mehrstimmig, gelegentlich deuten sie eine Grimasse, eine Geste, eine stilisierte, artifizielle Bewegung an [...].
Ein Schlag-Werker und Sound-Jongleur begleitet und kommentiert das rhetorische Kunstwerk, trommelt mal laut und mal leise oder säuselt sanft in ein Mikrofon und erzeugt endlose Echo-Kammern, deren Töne im Nirgendwo verhallen und dem schauspielerischen einen akustischen Minimalismus beiseite stellen. Bierzelt und Brathendl, Musik und Mord, sintflutartiger Regen und gigantische Schlammlawinen: das passt natürlich nicht auf die kleine Experimentier-Bühne in der DT-Box. Deshalb muss man das alles reduzieren, das Realistisch-Derbe ins Abstrakt-Theatralische und das Spiel in Rhetorik umwandeln.
Drei Schauspieler (Thorsten Hierse, Caner Sunar und Olga Wäscher) sowie ein Live-Musiker (Sebastian Deufel) sind auf der klitzekleinen Bühne, und die ist mit Plastikplanen ausgelegt, die Schauspieler tragen fleischfarbene Ganzkörperhüllen und Metzgerschürzen. Doch es regnet nicht, kein Schlamm wälzt sich über die Bühne, kein Blut fließt in Strömen, nichts Reales geschieht, alles ist pure Sprache, Wortklauberei, rhetorisches Scharmützel.
Die drei Sprecher intonieren den Text mal einstimmig, mal mehrstimmig, gelegentlich deuten sie eine Grimasse, eine Geste, eine stilisierte, artifizielle Bewegung an [...].
Ein Schlag-Werker und Sound-Jongleur begleitet und kommentiert das rhetorische Kunstwerk, trommelt mal laut und mal leise oder säuselt sanft in ein Mikrofon und erzeugt endlose Echo-Kammern, deren Töne im Nirgendwo verhallen und dem schauspielerischen einen akustischen Minimalismus beiseite stellen.
Für die Betriebstemperatur sorgt Sebastian Deufel am Schlagzeug, und als die Schauspieler sich auf seinen Rhythmus einlassen, wird der Abend plötzlich dicht, zwingend – bis hin zur genial-überraschenden Schlusspointe. Der Text ist ein Monolog, keine zwölf Seiten lang, ein dichtes Sprachkunstwerk, in dem die Wörter und Knochen knacken. Gewalt, Gesellschaft, Sprachmacht – das ist typisch für den Österreicher Schmalz, dessen Werke selten ohne Tote auskommen. Seit diesem Sommer ist er Bachmann-Preisträger und überhaupt schon ziemlich dekoriert für seine 32 Jahre. Am Deutschen Theater gehört er längst zu den Lieblingsautoren. Bislang allerdings nur in der Box, jener winzigen Experimentalbühne mit Freie-Szene-Charme, auf der oft die spannendsten Abende des Hauses laufen. Besonderen Off-Charme verströmt die Low-Budget-Bühne, die Ausstatterin Mira König gebaut hat: eine quadratische Fläche, bedeckt mit weißer Plastik- und Frischhaltefolie, aus der sich die drei Schauspieler schälen wie Mumien. So sehen sie auch aus, in ihren fleischfarbenen Trikots, den fahl geschminkten Gesichtern. Lebende Leichname, die wie aus dem Jenseits raunen. Mit ihnen hat Josua Rösing, Regieassistent am DT, eine Sprechoper inszeniert. [...]
Für die Betriebstemperatur sorgt Sebastian Deufel am Schlagzeug, und als die Schauspieler sich auf seinen Rhythmus einlassen, wird der Abend plötzlich dicht, zwingend – bis hin zur genial-überraschenden Schlusspointe.
So wird alles Psychische materialisiert, eingespeist in einen gesellschaftlichen Verdauungsprozess. Der Dichter vermag zugleich aus großem Abstand auf seine Figuren zu blicken, wie sie in den ewigen Dreckkreislaufes des Lebens eingehen, zugleich aber zoomt er sich ganz nah heran, bis das Dreckdetail funkelt. Überhaupt ist ja Schmalz ein Autor, der seine deftige, rhythmisch portionierte Dichtung gern durch die geistigen Sinnesöffnungen einschiebt. Nicht nur Aromen, auch Konsistenzen und Temperaturen spielen eine große Rolle.
So wird alles Psychische materialisiert, eingespeist in einen gesellschaftlichen Verdauungsprozess. Der Dichter vermag zugleich aus großem Abstand auf seine Figuren zu blicken, wie sie in den ewigen Dreckkreislaufes des Lebens eingehen, zugleich aber zoomt er sich ganz nah heran, bis das Dreckdetail funkelt.