Limited Edition

schlammland gewalt

Bühne / Kostüme Mira König
Musik Sebastian Deufel
Uraufführung am 22. Dezember 2017, Box
Thorsten Hierse
Caner Sunar
Olga Wäscher
Sebastian DeufelLive-Musik
Sebastian Deufel
Live-Musik
kultura-extra.de
Stefan Bock, 23.12.2017
Der österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz ist bekannt für seine poetischen, sprach- und bildgewaltigen Texte, die an Elfriede Jelinek oder Werner Schwab erinnern. Nachdem der Autor in diesem Jahr den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt gewinnen konnte, wird er wohl auch bald seinen ersten Roman vorlegen. Zunächst hat er aber für die Box des Deutschen Theaters mit "schlammland gewalt" wieder einen seiner mit Wortspielereien reichen Theater-Text vorgelegt. Das Stück läuft in der Reihe "Limited Edition", in der sich junge DramaturgInnen und RegisseurInnen in recht kurzer Vorbereitungszeit dem Publikum präsentieren können. [...]

Schmalz schickt seinem kleinen Stück einen poetischen, vom Schauspieler Thorsten Hierse vorgetragenen Monolog voraus, indem wie in einer alten Sage die im Nebel verirrten toten Wanderer des Teufelsfelds beschworen werden. Eine mystische Naturbeschreibung, in der es um den Verlust der Orientierung, das Ungewisse in der Nebelwand und das Im-Kreis-Laufen geht. Zusammen mit dem braunen Schlamm, in den sich im dauernden Regen das Land um das Dorffest verwandelt, ergibt das eine recht gute Metapher für die sich momentan in Auflösung befindliche Gesellschaft. [...]


Obwohl viel vom Fleischschneiden, von Dreck, Blut und spritzendem Bratensaft die Rede ist, bleibt die Inszenierung von Josua Rösing fast schon aseptisch rein. Die Bühne von Mira König besteht aus einer Plastikplane in deren Mitte Sebastian Deufel sein Schlagzeug zum Takt der Worte bedient. Thorsten Hierse, Caner Sunar, Olga Wäscher stecken wie nackte Hendl in beigefarbenen Kapuzenanzügen mit Gummischürzen.
Der österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz ist bekannt für seine poetischen, sprach- und bildgewaltigen Texte, die an Elfriede Jelinek oder Werner Schwab erinnern. Nachdem der Autor in diesem Jahr den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt gewinnen konnte, wird er wohl auch bald seinen ersten Roman vorlegen. Zunächst hat er aber für die Box des Deutschen Theaters mit "schlammland gewalt" wieder einen seiner mit Wortspielereien reichen Theater-Text vorgelegt. Das Stück läuft in der Reihe "Limited Edition", in der sich junge DramaturgInnen und RegisseurInnen in recht kurzer Vorbereitungszeit dem Publikum präsentieren können. [...]

Schmalz schickt seinem kleinen Stück einen poetischen, vom Schauspieler Thorsten Hierse vorgetragenen Monolog voraus, indem wie in einer alten Sage die im Nebel verirrten toten Wanderer des Teufelsfelds beschworen werden. Eine mystische Naturbeschreibung, in der es um den Verlust der Orientierung, das Ungewisse in der Nebelwand und das Im-Kreis-Laufen geht. Zusammen mit dem braunen Schlamm, in den sich im dauernden Regen das Land um das Dorffest verwandelt, ergibt das eine recht gute Metapher für die sich momentan in Auflösung befindliche Gesellschaft. [...]


Obwohl viel vom Fleischschneiden, von Dreck, Blut und spritzendem Bratensaft die Rede ist, bleibt die Inszenierung von Josua Rösing fast schon aseptisch rein. Die Bühne von Mira König besteht aus einer Plastikplane in deren Mitte Sebastian Deufel sein Schlagzeug zum Takt der Worte bedient. Thorsten Hierse, Caner Sunar, Olga Wäscher stecken wie nackte Hendl in beigefarbenen Kapuzenanzügen mit Gummischürzen.
Kulturradio vom rbb
Frank Dietschreit, 23.12.2017
Bierzelt und Brathendl, Musik und Mord, sintflutartiger Regen und gigantische Schlammlawinen: das passt natürlich nicht auf die kleine Experimentier-Bühne in der DT-Box. Deshalb muss man das alles reduzieren, das Realistisch-Derbe ins Abstrakt-Theatralische und das Spiel in Rhetorik umwandeln.

Drei Schauspieler (Thorsten Hierse, Caner Sunar und Olga Wäscher) sowie ein Live-Musiker (Sebastian Deufel) sind auf der klitzekleinen Bühne, und die ist mit Plastikplanen ausgelegt, die Schauspieler tragen fleischfarbene Ganzkörperhüllen und Metzgerschürzen. Doch es regnet nicht, kein Schlamm wälzt sich über die Bühne, kein Blut fließt in Strömen, nichts Reales geschieht, alles ist pure Sprache, Wortklauberei, rhetorisches Scharmützel.

Die drei Sprecher intonieren den Text mal einstimmig, mal mehrstimmig, gelegentlich deuten sie eine Grimasse, eine Geste, eine stilisierte, artifizielle Bewegung an [...].

Ein Schlag-Werker und Sound-Jongleur begleitet und kommentiert das rhetorische Kunstwerk, trommelt mal laut und mal leise oder säuselt sanft in ein Mikrofon und erzeugt endlose Echo-Kammern, deren Töne im Nirgendwo verhallen und dem schauspielerischen einen akustischen Minimalismus beiseite stellen.
Bierzelt und Brathendl, Musik und Mord, sintflutartiger Regen und gigantische Schlammlawinen: das passt natürlich nicht auf die kleine Experimentier-Bühne in der DT-Box. Deshalb muss man das alles reduzieren, das Realistisch-Derbe ins Abstrakt-Theatralische und das Spiel in Rhetorik umwandeln.

Drei Schauspieler (Thorsten Hierse, Caner Sunar und Olga Wäscher) sowie ein Live-Musiker (Sebastian Deufel) sind auf der klitzekleinen Bühne, und die ist mit Plastikplanen ausgelegt, die Schauspieler tragen fleischfarbene Ganzkörperhüllen und Metzgerschürzen. Doch es regnet nicht, kein Schlamm wälzt sich über die Bühne, kein Blut fließt in Strömen, nichts Reales geschieht, alles ist pure Sprache, Wortklauberei, rhetorisches Scharmützel.

Die drei Sprecher intonieren den Text mal einstimmig, mal mehrstimmig, gelegentlich deuten sie eine Grimasse, eine Geste, eine stilisierte, artifizielle Bewegung an [...].

Ein Schlag-Werker und Sound-Jongleur begleitet und kommentiert das rhetorische Kunstwerk, trommelt mal laut und mal leise oder säuselt sanft in ein Mikrofon und erzeugt endlose Echo-Kammern, deren Töne im Nirgendwo verhallen und dem schauspielerischen einen akustischen Minimalismus beiseite stellen.
Berliner Morgenpost
Georg Kasch, 24.12.2017
Der Text ist ein Monolog, keine zwölf Seiten lang, ein dichtes Sprachkunstwerk, in dem die Wörter und Knochen knacken. Gewalt, Gesellschaft, Sprachmacht – das ist typisch für den Österreicher Schmalz, dessen Werke selten ohne Tote auskommen. Seit diesem Sommer ist er Bachmann-Preisträger und überhaupt schon ziemlich dekoriert für seine 32 Jahre. Am Deutschen Theater gehört er längst zu den Lieblingsautoren. Bislang allerdings nur in der Box, jener winzigen Experimentalbühne mit Freie-Szene-Charme, auf der oft die spannendsten Abende des Hauses laufen. Besonderen Off-Charme verströmt die Low-Budget-Bühne, die Ausstatterin Mira König gebaut hat: eine quadratische Fläche, bedeckt mit weißer Plastik- und Frischhaltefolie, aus der sich die drei Schauspieler schälen wie Mumien. So sehen sie auch aus, in ihren fleischfarbenen Trikots, den fahl geschminkten Gesichtern. Lebende Leichname, die wie aus dem Jenseits raunen. Mit ihnen hat Josua Rösing, Regieassistent am DT, eine Sprechoper inszeniert. [...]

Für die Betriebstemperatur sorgt Sebastian Deufel am Schlagzeug, und als die Schauspieler sich auf seinen Rhythmus einlassen, wird der Abend plötzlich dicht, zwingend – bis hin zur genial-überraschenden Schlusspointe.
Der Text ist ein Monolog, keine zwölf Seiten lang, ein dichtes Sprachkunstwerk, in dem die Wörter und Knochen knacken. Gewalt, Gesellschaft, Sprachmacht – das ist typisch für den Österreicher Schmalz, dessen Werke selten ohne Tote auskommen. Seit diesem Sommer ist er Bachmann-Preisträger und überhaupt schon ziemlich dekoriert für seine 32 Jahre. Am Deutschen Theater gehört er längst zu den Lieblingsautoren. Bislang allerdings nur in der Box, jener winzigen Experimentalbühne mit Freie-Szene-Charme, auf der oft die spannendsten Abende des Hauses laufen. Besonderen Off-Charme verströmt die Low-Budget-Bühne, die Ausstatterin Mira König gebaut hat: eine quadratische Fläche, bedeckt mit weißer Plastik- und Frischhaltefolie, aus der sich die drei Schauspieler schälen wie Mumien. So sehen sie auch aus, in ihren fleischfarbenen Trikots, den fahl geschminkten Gesichtern. Lebende Leichname, die wie aus dem Jenseits raunen. Mit ihnen hat Josua Rösing, Regieassistent am DT, eine Sprechoper inszeniert. [...]

Für die Betriebstemperatur sorgt Sebastian Deufel am Schlagzeug, und als die Schauspieler sich auf seinen Rhythmus einlassen, wird der Abend plötzlich dicht, zwingend – bis hin zur genial-überraschenden Schlusspointe.
Berliner Zeitung
Ulrich Seidler, 27.12.2017
Überhaupt ist ja Schmalz ein Autor, der seine deftige, rhythmisch portionierte Dichtung gern durch die geistigen Sinnesöffnungen einschiebt. Nicht nur Aromen, auch Konsistenzen und Temperaturen spielen eine große Rolle.
So wird alles Psychische materialisiert, eingespeist in einen gesellschaftlichen Verdauungsprozess. Der Dichter vermag zugleich aus großem Abstand auf seine Figuren zu blicken, wie sie in den ewigen Dreckkreislaufes des Lebens eingehen, zugleich aber zoomt er sich ganz nah heran, bis das Dreckdetail funkelt.
Überhaupt ist ja Schmalz ein Autor, der seine deftige, rhythmisch portionierte Dichtung gern durch die geistigen Sinnesöffnungen einschiebt. Nicht nur Aromen, auch Konsistenzen und Temperaturen spielen eine große Rolle.
So wird alles Psychische materialisiert, eingespeist in einen gesellschaftlichen Verdauungsprozess. Der Dichter vermag zugleich aus großem Abstand auf seine Figuren zu blicken, wie sie in den ewigen Dreckkreislaufes des Lebens eingehen, zugleich aber zoomt er sich ganz nah heran, bis das Dreckdetail funkelt.
Der Standard
Bernhard Doppler, 28.12.2017
Regisseur Josua Rösing ist am Deutschen Theater ein Bravourstück gelungen. Der Text des österreichischen Bachmannpreisträgers gerät zum gewaltigen Sprach- und Endzeitspiel. Am Deutschen Theater Berlin hat Ferdinand Schmalz inzwischen einen festen Platz, Jahr für Jahr gibt es dort ein Stück des jungen österreichischen Dramatikers. Nach "dosenfleisch", "der herzerlfresser" und "der thermale widerstand" nun die Uraufführung des Theatermonologs "schlammland gewalt", freilich diesmal lediglich als Limited Edition konzipiert, also mit explizit wenig Aufwand. Reduziert ist in der Berliner Inszenierung von Josua Rösing das Stück auf ein Konzert dreier Stimmen, wobei der Sprachfluss außerdem immer wieder durch einen Schlagzeuger akzentuiert wird. Die drei Schauspieler und der Musiker (Thorsten Hierse, Olga Wäscher, Caner Sunar und Sebastian Deufel) haben sich auf einer mit Plastikplanen abgedeckten Bühne (Bühnenbild: Mira König) aufgestellt. Sie sind Berichterstatter einer apokalyptischen Katastrophe: Eine Erdmoräne hat nicht nur die Dorfkirche, sondern auch das Festzelt mit all den Dörflern mitten in den Orgien des Fests im Schlamm begraben. Regisseur Josua Rösing ist am Deutschen Theater ein Bravourstück gelungen. Der Text des österreichischen Bachmannpreisträgers gerät zum gewaltigen Sprach- und Endzeitspiel. Am Deutschen Theater Berlin hat Ferdinand Schmalz inzwischen einen festen Platz, Jahr für Jahr gibt es dort ein Stück des jungen österreichischen Dramatikers. Nach "dosenfleisch", "der herzerlfresser" und "der thermale widerstand" nun die Uraufführung des Theatermonologs "schlammland gewalt", freilich diesmal lediglich als Limited Edition konzipiert, also mit explizit wenig Aufwand. Reduziert ist in der Berliner Inszenierung von Josua Rösing das Stück auf ein Konzert dreier Stimmen, wobei der Sprachfluss außerdem immer wieder durch einen Schlagzeuger akzentuiert wird. Die drei Schauspieler und der Musiker (Thorsten Hierse, Olga Wäscher, Caner Sunar und Sebastian Deufel) haben sich auf einer mit Plastikplanen abgedeckten Bühne (Bühnenbild: Mira König) aufgestellt. Sie sind Berichterstatter einer apokalyptischen Katastrophe: Eine Erdmoräne hat nicht nur die Dorfkirche, sondern auch das Festzelt mit all den Dörflern mitten in den Orgien des Fests im Schlamm begraben.

Außerdem im Spielplan

Mit englischen Übertiteln
von Rainald Goetz
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 21.30