
Alles steht im Zeichen der Unterbrechung: Die Proben zu einer Inszenierung von Büchners Woyzeck sind kurz vor der Premiere unterbrochen, die Affäre des Hauptdarstellers mit der Hospitantin ebenfalls, genauso wie ihre Schwangerschaft und die Zukunftsphantasie eines gemeinsamen Kinds. Sogar ihre Trennung kommt durch einen Lockdown zum Stillstand. Das Paar, das kein Paar mehr sein kann und vielleicht auch nie war, ist in einer Wohnung eingesperrt, zurückgeworfen auf seine wechselseitigen Abhängigkeiten und auf die Echos von Büchners Text.
Zeitungsberichte über mehrere Frauenmorde und die entsprechenden Gerichtprozesse hatten seinerzeit den Anstoß gegeben für Georg Büchners Woyzeck. Hinsichtlich der Gewalttaten von Männern an Frauen hat sich in den bald zweihundert Jahren kaum etwas geändert. Noch immer wird in Deutschland alle drei Tage eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet. Das ist der Punkt, an dem die Dramatikerin Mahin Sadri und der Regisseur Amir Reza Koohestani mit ihrem Text ansetzen. Sie suchen nach den genderspezifischen Machtverhältnissen und der strukturellen Gewalt im Privaten. Angesichts der sich wiederholenden Femizide in der Realität erzählen sie nicht nur einen Einzelfall, sondern zeigen auch ein Muster auf – nicht um es zu reproduzieren, sondern um es zu unterbrechen.
Zeitungsberichte über mehrere Frauenmorde und die entsprechenden Gerichtprozesse hatten seinerzeit den Anstoß gegeben für Georg Büchners Woyzeck. Hinsichtlich der Gewalttaten von Männern an Frauen hat sich in den bald zweihundert Jahren kaum etwas geändert. Noch immer wird in Deutschland alle drei Tage eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet. Das ist der Punkt, an dem die Dramatikerin Mahin Sadri und der Regisseur Amir Reza Koohestani mit ihrem Text ansetzen. Sie suchen nach den genderspezifischen Machtverhältnissen und der strukturellen Gewalt im Privaten. Angesichts der sich wiederholenden Femizide in der Realität erzählen sie nicht nur einen Einzelfall, sondern zeigen auch ein Muster auf – nicht um es zu reproduzieren, sondern um es zu unterbrechen.
Woyzeck Interrupted kam während der coronabedingten Schließzeit als Stream-Version am 19. Dezember 2020 online zur Uraufführung und lief erfolgreich in mehreren digitalen Vorstellungen. Jetzt kann die Produktion endlich vor Live-Publikum gezeigt werden.
Hinweis: In dieser Inszenierung wird sexuelle Gewalt gegen Frauen auf intensive Weise thematisiert, unter anderem werden authentische Femizide zitiert, was belastend oder retraumatisierend wirken kann.
Für Schulklassen: Woyzeck Interrupted bieten wir als Stream für das digitale Klassenzimmer an, den Sie für Ihre gesamte Schulklasse an Ihrem Wunschtermin nutzen können.
Regie Amir Reza Koohestani
Bühne Mitra Nadjmabadi
Kostüme Lea Søvsø
Video Phillip Hohenwarter, Benjamin Krieg
Musik Matthias Peyker
Licht Kristina Jedelsky
Dramaturgie Sima Djabar Zadegan, John von Düffel
Uraufführung
17. September 2021
Kammerspiele
Dauer: 1 Stunde, 30 Minuten, keine Pause
17. September 2021
Kammerspiele
Dauer: 1 Stunde, 30 Minuten, keine Pause
Lorena Handschin

Enno Trebs

Mit englischen Übertiteln
15. Oktober 2023 20.00 - 21.30
Karten
Karten & Preise
Preisgruppe | Regulär |
---|---|
Preisgruppe 1 | 25,00 € |
Preisgruppe 2 | 19,00 € |
Karten für Schüler_innen und Studierende: DT/Kammerspiele 9 €; Box/Saal 8 bzw. 6 €
Außerdem im Spielplan
DT Kontext: Vortrag und Gespräch
Der Traum ist aus? Zur Geschichte und Gegenwart utopischen Denkens
zu Gast: Tobias Brück (Journalist)
Rangfoyer
17.00 - 18.00
Mit englischen Übertiteln
Weltall Erde Mensch
Eine unwahrscheinliche Reise von Alexander Eisenach und Ensemble
Regie: Alexander Eisenach
DT Bühne
18.00 - 21.40
Vorstellung fällt leider aus
Wiederaufnahme
Regie: Jessica Weisskirchen
Leider muss die für heute geplante Vorstellung von Edward II. Die Liebe bin ich entfallen. Der Grund dafür sind Erkrankungen im Ensemble. Sollten Sie bereits Karten erworben haben, wird unser Besucher:innenservice Sie in Kürze kontaktieren.
Anstelle von Edward II. Die Liebe bin ich zeigen wir heute Im Spiegelsaal.
Anstelle von Edward II. Die Liebe bin ich zeigen wir heute Im Spiegelsaal.
Box
19.00
Wiederaufnahme
Eine Inszenierung des DT Jung*
Im Spiegelsaal
Regie: Katharina Bill
Anstelle von Edward II. Die Liebe bin ich zeigen wir heute Im Spiegelsaal.
Box
19:00 - 20:35
die beiden in Nahaufnahme, darunter befinden sich Woyzecks 2ZKB. Die Wände sind grau, Sichtbeton, Blaulicht aus Fernseher und Computer flutet die Räume. Marie und Woyzeck erscheinen darin als frisch geduschtes 08/15-Paar in schneeweißen Shirts, das macht, was Paare derzeit oft ma- chen: sich gegenseitig die Haare schneiden, Serien schauen und sich in die Wolle kriegen. Paar-Einerlei. Sätze aus Büchners Original, gern aus dem Zusammenhang gerissen, verteilen sich großzügig über den neuen Text und tönen hier wie besonders originelle Stimmen in Woyzecks Kopf. Die Bühne wirkt wie ein Puppenhaus mit verschiedenen Zimmern auf ver- schiedenen Ebenen. Es könnten auch Bildschirme sein. Oben sehen wir
die beiden in Nahaufnahme, darunter befinden sich Woyzecks 2ZKB. Die Wände sind grau, Sichtbeton, Blaulicht aus Fernseher und Computer flutet die Räume. Marie und Woyzeck erscheinen darin als frisch geduschtes 08/15-Paar in schneeweißen Shirts, das macht, was Paare derzeit oft ma- chen: sich gegenseitig die Haare schneiden, Serien schauen und sich in die Wolle kriegen. Paar-Einerlei. Sätze aus Büchners Original, gern aus dem Zusammenhang gerissen, verteilen sich großzügig über den neuen Text und tönen hier wie besonders originelle Stimmen in Woyzecks Kopf.
[...]
So schlagen die gegensätzlichen Schwerkräfte aus Selbstbe- stimmung und Pflicht an der Gemeinschaft auch hier wieder zu, fast wie zu Büchners Zeiten, nur geschmeidiger und dis- kursiv up to date.
Überhaupt ist die Textmontage aus locker ironischen Gegen- wartsdialogen und den verzweifelt klaren Büchner-Zitaten, die immer wieder wie Kometen in die Häuslichkeit einschla- gen, das eigentlich Erstaunliche des Abends. Quer aus allen Woyzeck-Rollen haben Koohestani und Sadri ihre Figuren zusammengesetzt und damit ihrerseits zwei Typen geschaf- fen, die als überkomplexe Gegenwartsmenschen souverän mit ihren sozialen und biologischen Rollen zu spielen meinen und langsam daran verzweifeln, dass diese ihnen eben doch fest am Leib kleben: die nach Unabhängigkeit strebende, aber geld- und joblose junge Frau und der innerlich verunsicherte Versorgungsmacho, der sie nicht gehen lassen will. Wie Lo- rena Handschin und Enno Trebs das durch ihr unaufgeregt feines Beziehungskammerspiel mit Gegenwart füllen, wie Marie immer wieder abprallt an der depressiv aggressiven Zerzaustheit ihres Franz, ist einfach erfrischend gut gemacht.
Ja, auch Theater kann offenkundig streamtauglich sein und dabei doch fast klassisches Theater bleiben. Dem iranischen Regisseur Amir Reza Koohestani ist das mit seiner Büchner-Bearbeitung „Woyzeck Interrupted“ am Samstagabend im DT erstaunlich gelungen.
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So schlagen die gegensätzlichen Schwerkräfte aus Selbstbe- stimmung und Pflicht an der Gemeinschaft auch hier wieder zu, fast wie zu Büchners Zeiten, nur geschmeidiger und dis- kursiv up to date.
Überhaupt ist die Textmontage aus locker ironischen Gegen- wartsdialogen und den verzweifelt klaren Büchner-Zitaten, die immer wieder wie Kometen in die Häuslichkeit einschla- gen, das eigentlich Erstaunliche des Abends. Quer aus allen Woyzeck-Rollen haben Koohestani und Sadri ihre Figuren zusammengesetzt und damit ihrerseits zwei Typen geschaf- fen, die als überkomplexe Gegenwartsmenschen souverän mit ihren sozialen und biologischen Rollen zu spielen meinen und langsam daran verzweifeln, dass diese ihnen eben doch fest am Leib kleben: die nach Unabhängigkeit strebende, aber geld- und joblose junge Frau und der innerlich verunsicherte Versorgungsmacho, der sie nicht gehen lassen will. Wie Lo- rena Handschin und Enno Trebs das durch ihr unaufgeregt feines Beziehungskammerspiel mit Gegenwart füllen, wie Marie immer wieder abprallt an der depressiv aggressiven Zerzaustheit ihres Franz, ist einfach erfrischend gut gemacht.
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Die Erzählebenen werden dabei nicht eins zu eins übersetzt. Die übereinandergelegten Folien haben überstehende Ränder, die auch nicht beschnitten werden. Der Text von Büchner, wo er einbezogen wird, geht auch über das Paardrama hinaus. Das Unheimliche, das ihn treibt, die Träume, die ihn verfolgen, das Unglück, das in seinem Körper nistet; all das weist über die gesellschaftlichen und psychologischen Erkläransätze hinaus.
Amir Reza Koohestani, der den Text zusammen mit der Autorin Mahin Sadri geschrieben hat, ist bekannt für eine Ästhetik der Konzentration und Reduktion. Das gelingt ihm auch in der Übersetzung für den Stream.
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Die Erzählebenen werden dabei nicht eins zu eins übersetzt. Die übereinandergelegten Folien haben überstehende Ränder, die auch nicht beschnitten werden. Der Text von Büchner, wo er einbezogen wird, geht auch über das Paardrama hinaus. Das Unheimliche, das ihn treibt, die Träume, die ihn verfolgen, das Unglück, das in seinem Körper nistet; all das weist über die gesellschaftlichen und psychologischen Erkläransätze hinaus.