Wir fordern Verantwortungsbewusstsein! Stellungnahme zu den Kürzungen im Berliner Kulturetat

Stand: 28. November 2024

In meiner ersten Spielzeit stand das Deutsche Theater und damit auch mein ganzes Team und alle Mitarbeitenden vor einer besonderen Herausforderung: Das Haus war bereits vor meinem Amtsantritt in einer finanziellen Schieflage und die Bewältigung dessen überschattete unseren Start und begleitete unsere erste gemeinsame Spielzeit. 

Mit Hilfe eines externen Beraters und der Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es uns gelungen, einen Großteil dieses Defizites in den Griff zu bekommen. 

Erprobt im Einsparen

Wir haben an jeder Schraube und jedem Schräubchen gedreht, haben Prozesse durchleuchtet, optimiert und vor allem viele Prozesse angestoßen, die nicht alle sofort sichtbar sind, das Haus aber über die nächsten Jahre entlasten und neu aufstellen.  

Einsparungen dieser Größenordnung, wie sie durch die alte Schieflage notwendig wurden, können nur langfristig gedacht und umgesetzt werden. Es braucht Zeit, einen Betrieb wie das Deutsche Theater zu analysieren und in Teilen neu aufzustellen. 

Wie bereits in den Medien zu lesen war und auch seitens des Kultursenators mehrfach gesagt wurde, befindet sich das DT also in einer besonderen Lage und kann nicht auf mögliche Rücklagen zurückgreifen. 

Wir waren in den letzten Wochen und Monaten immer wieder im Austausch mit der Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt, von allen Seiten wurde uns mehrfach versichert, dass diese wirklich schwierige, herausfordernden, aber auf lange Sicht nicht unlösbare Situation des DTs bekannt ist und es keinesfalls bei den Überlegungen ignoriert werden würde. 

Durchdachte Neuaufstellung statt destruktiver Rasenmäher-Methode

Auch das DT verschließt sich nicht seiner gesellschaftlichen Verantwortung. Dass gespart werden muss, ist klar, aber solche einschneidenden Maßnahmen müssen vorbereitet werden und gemeinsam mit den Häuser erarbeitet werden.Ich spreche mich noch einmal ganz deutlich gegen diese Rasenmäher-Methode aus, die der Berliner Kultur langfristig schadet, und etwas zerstört, was diese Stadt besonders, lebenswert und einzigartig macht! 

Ich möchte und muss betonen: Es braucht Zeit und Vorbereitungen, um einen Betrieb gründlich zu durchleuchten und die Wirkungen sind nicht immer sofort messbar. Und: Ganz klar ist, auch das DT kann nicht ad hoc und sofort Sparmaßnahmen in der genannten Höhe umsetzen. 

Unsere eindringliche Bitte geht nun noch einmal Richtung Finanzsenator und natürlich an den Regierenden Bürgermeister sowie an die Parlamentarier des Senats: Werden Sie sich dieser Verantwortung gegenüber dem Deutschen Theater, seiner Tradition und Rolle in dieser Stadt, gegenüber seinen Mitarbeiter:innen, bewusst und handeln Sie entsprechend. 

Wie Kulturarbeit die Grundfesten der Demokratie stärkt

Kultureinrichtungen sind schon lange nicht mehr „nur“ für die Abendunterhaltung zuständig. Nein, sie haben eine große Überschneidung zu bereits vor Jahren gestrichenen Bildungsaufgaben. Die Parkaue und das Grips-Theater bereiten Kinder und Jugendliche aufs Theater vor, arbeiten eng mit Schulen und Kindergärten zusammen. Auch das Deutsche Theater hat eine eingespielte theaterpädagogische Abteilung und geht z. B. gerade mit dem Klassenzimmer-Stück Sonne und Beton von Felix Lobrecht in die Schulen. Es ist ein Stück über Jugendliche in einem der Brennpunktviertel Berlins. DT Jung* lässt mitspielen, mitmachen im großen Stil. Theater spielen und sehen stärkt Menschen aller Altersgruppen, lässt sie resilienter, diskussionsfreudiger und offener für verschiedene Lebensentwürfe werden. Auch unser neues Format DT Kontext lädt Menschen ein mitzudenken, regt Austausch an und ist eben auch ein Weg, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer Stadt, in einer Gesellschaft zu stärken. 

Wir sehen, dass es bereits jetzt eine große Spaltung in der Gesellschaft gibt, die weiter und weiter voranschreitet. Darum bitte ich, darum fordere ich: 

Bildung und Kultur und Soziales sind ein Dreiklang, der gestärkt und nicht geschwächt gehört. #berlinistkultur 

Herzlich,  
Ihre Iris Laufenberg

Intendantin Deutsches Theater Berlin