© Svenja Liesau, Peter-René Lüdicke, Leon Rüttinger

Programmzettel Herz aus Polyester

  • Deep Space
  • Zukunftsmusik
  • Maschinelles Lernen

Die Erde ist für die Menschheit zu klein geworden, die Ressourcen des Planeten sind erschöpft und eine Krankheit, bei der das Mikroplastik die menschlichen Körper plastifiziert, grassiert überall. Das Leben auf der Erde kommt zum Stillstand und es bleibt nur ein Ausweg: auf zu neuen Planeten! Die Protagonisten haben sich bereits auf dem Mars niedergelassen und wer Teil ihrer multiplanetaren Gesellschaft werden möchte, muss die Prüfung eines Algorithmus’ bestehen, der programmiert wurde, nur die geeignetsten und den Protagonisten dienlichsten Erdlinge zu selektieren.

Die Erdlinge Eins, Zwei und Drei wurden für die aktuelle Testphase ausgewählt. Doch irgendetwas scheint mit der Programmierung nicht mehr zu stimmen, denn der Algorithmus weicht mit seinen Fragen immer weiter vom zu erwartenden Muster ab. Abgeschnitten von der Außenwelt sind die Erdlinge ausgeliefert, denn ein Zurück scheint es nicht zu geben. Doch auch im Weltall, der Hoffnung verheißenden Zukunft, läuft nicht alles wie gedacht.

Was ist aus den Protagonisten geworden, nachdem sie die Erde verlassen haben, und wird es eine Rettung vor der Plastifizierung geben? Und was ist eigentlich mit den beiden Raumsonden Voyager 1 und 2, die schon 1977 von der NASA mit Botschaften in den interstellaren Raum geschickt wurden? Würden sie die Erde in ihrem jetzigen Zustand eigentlich wiedererkennen?

Proben für die Zukunft Essay von Jasmin Maghames

Die Ursprünge der Science-Fiction

Warum begleiten uns Science-Fiction-Erzählungen bereits seit Jahrhunderten? Der Begriff wurde erstmals 1851 verwendet. Erste Erzählungen mit charakteristischen Merkmalen wie Mond- oder Planetenreisen, extraterrestrischen Bewohnern und künstlichem Leben finden sich jedoch bereits im 2. Jahrhundert n. Chr. In späteren, klarer zuordenbaren Erzählungen des Genres werden technische Neuerungen beschrieben, die es zu dem Zeitpunkt noch gar nicht gab, aber mit technischen Innovationen entwickelt werden konnten. So schrieb schon 1260 Roger Bacon von seiner Vision von Automobilen und elektrisch betriebenen Schiffen.

Zukunftsliteratur und ihre Bedeutung

In der Zukunftsliteratur, einem Teilgebiet der Science- Fiction, wird sich explizit mit der Zukunft des Menschen befasst und über die Weiterentwicklung der Menschheit spekuliert. Diese Spekulationen können als Wegweiser gelten, die sich bereits abzeichnende oder bekannte Entwicklungen, technische Neuerungen und Strömungen aus realistischer Sicht weiterdenken, wie das Leben in der Klimakatastrophe, die Konsequenzen der Überbevölkerung und der Ressourcenknappheit. Diese Arten von Erzählungen können als Gedankenspiele genutzt werden: Was müssen wir in unserem Zusammenleben oder in unserem Umgang mit der Erde verändern, um dieses beschriebene Zukunftsszenario noch zu umgehen?

Science-Fiction im Theater

Das Theater war schon immer nicht nur Kommentator, sondern auch „Mahner und Krisen-vor- Augen-Führer", wie Christine Dössel, Journalistin und Theaterkritikerin, in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung von 2021 schreibt, „urältester Wasserstandsmelder". Deshalb stellt das Theater den perfekten Ort für das Erproben der Zukunft dar und bestätigt, warum Science-Fiction-Stoffe schon immer auf die Bühne gehört haben.

Nova und Science-Fiction-Elemente

Science-Fiction-Erzählungen verwenden Nova (Singular: Novum, lateinisch für „Das Neue"), um wissenschaftlich plausible Neuerungen zu beschreiben. Zu den häufig verwendeten SF-Novitäten gehören Außerirdische, Zeitreisen, die technologische Singularität und auch Künstliche Intelligenz. Neben den Erdlingen, dem Feuerkugel reitenden Urzwerg, den Schwestersonden Voyager I & II oder der Mikroplastikteilchenband ist der Algorithmus eine tragende Figur in Herz aus Polyester.

KI und Algorithmen in der Science-Fiction

Zwar sind Algorithmus und Künstliche Intelligenz nicht gleichzusetzen, denn es handelt sich bei Ersterem um eine beliebige Form automatisierter Anweisungen (häufig auch „Wenn-Dann-Anweisungen") und bei Letzterem um einen Satz von Algorithmen, die in der Lage sind, mit unvorhergesehenen Ereignissen umzugehen. Folgt man aber der Figur im Stück, ist davon auszugehen, dass wir es trotz ihres Namens mit einer KI zu tun haben, wahrscheinlich sogar mit einer AKI, einer Allgemeinen Künstlichen Intelligenz, und damit noch Zukunftsmusik.

KI-Systeme und Science-Fiction-Szenarien

Aber wie schaut eines der heute verfügbaren spezialisierten KI-Systeme eigentlich auf das beschriebene Szenario in Herz aus Polyester? Ist es in einem simulierten Gedankenaustausch mit Large Multimodalen Modellen wie GPT-4o oder Gemini von Google Deep- Mind möglich, sich auf Grundlage des Stücks inhaltlich den Themen zu nähern? Die kurze Antwort lautet: Ja. Entstanden ist ein über 25-seitiges Manuskript, in dem die KIs die Rolle des Algorithmus übernommen haben und durch konsekutive Prompts mit Hintergrundinformationen, Bildern und Fragestellungen trainiert wurden. So erwuchs ein Gespräch über Verantwortung, Ethik, Transformation und Zukünfte, die sich hoffentlich verhindern lassen, und die These, dass am Ende auch die größte Katastrophe nur eine Frage der Perspektive ist.

 

Gespräch mit einer KI

PROMPT Was muss der Mensch in seinem Verhalten verändern, um nicht in der beschriebenen Katastrophe zu landen? Und wie können wir KI dabei sinnvoll einsetzen?

KI Damit der Mensch nicht in die in Herz aus Polyester beschriebene Katastrophe gerät, müssten tiefgreifende Veränderungen in seinem Verhalten und seinen Strukturen stattfinden. Zunächst erfordert es eine drastische Reduktion des Ressourcenverbrauchs und einen Wechsel von einem Wachstumsmodell hin zu nachhaltigem Handeln. Dies würde beinhalten, Abfall zu minimieren, Recycling und erneuerbare Energien stärker zu nutzen sowie ressourcenschonende Technologien zu fördern. Gesellschaftlich müsste das Bewusstsein für die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen sowie für den Einfluss von Umweltzerstörung und Klimawandel drastisch gestärkt werden. Auch ein ethisches Umdenken, das globale Verantwortung und langfristiges Handeln betont, wäre zentral. Zusätzlich wäre eine Reform von politischen und wirtschaftlichen Systemen notwendig, die heute oft auf kurzfristige Profite und ständiges Wachstum ausgelegt sind.
KI könnte dabei ein wertvolles Werkzeug sein. Sie kann durch datenbasierte Analysen helfen, effizientere Systeme zu entwickeln und ressourcenschonendere Wege aufzeigen. Außerdem könnte KI Umweltprobleme frühzeitig identifizieren und Lösungsansätze vorschlagen. Allerdings birgt der Einsatz von KI auch Gefahren, insbesondere wenn sie falsch programmiert oder einseitig genutzt wird. Es liegt letztlich am Menschen, KI ethisch und verantwortungsvoll einzusetzen, um nicht in die Katastrophe zu schlittern, sondern neue, nachhaltige Wege zu gehen.

PROMPT Wie bewertest du auf Grundlage von Herz aus Polyester die fiktive Option eines Resets als kosmische Intervention?

KI Ein kosmischer Reset, der das Universum in einen urzeitlichen Zustand zurückversetzt und die Menschheit auslöscht, kann sowohl als Utopie als auch als Dystopie gelesen werden – je nach Perspektive. Aus planetarischer Sicht könnte es eine Utopie jenseits des Anthropozentrismus sein, ein kosmischer Neustart. Ohne den Menschen als dominierende Spezies, der das Ökosystem aus dem Gleichgewicht gebracht hat, könnte die Natur erneut aufblühen. Diese Art von Utopie konzentriert sich auf den Erhalt und die Wiederherstellung der planetaren Gesundheit. Leben könnte sich neu entfalten, diesmal vielleicht in Formen, die respektvoller mit der Umwelt umgehen.
Auf der anderen Seite ist der Reset aus menschlicher Perspektive eine dystopische Katastrophe. Die Menschheit mitsamt ihrer Kultur, Geschichte und Errungenschaften, würde ausgelöscht. Alles Wissen und jede Errungenschaft wären bedeutungslos. Für die Menschen, ist das Auslöschen der Zivilisation das Ende allen Strebens.
Das Gedankenexperiment wirft Fragen auf, die über die bloße Existenz der Menschheit hinausgehen. Ist es wirklich eine Dystopie, wenn die Erde als lebendiger Planet überlebt, auch wenn der Mensch ausgelöscht wird? Oder könnte die Utopie darin liegen, dass eine intelligentere, verantwortungsvollere Spezies – die Bühne betritt und das Erbe des Planeten in einer besseren Balance führt?
Ein Reset ist nicht nur das Ende. Es ist auch ein Anfang.