10 Sekunden mit Manuel Harder Im Auge des Sturms

Lieber Manuel, woher kommst du?

Valparaíso (Chile) / Bremen.

Was ist deine erste Erinnerung?

Eine erste Erinnerung – vielleicht auch immer eine kleine eigene Legendenbildung. Meine geht so: Ich sehe unter mir meine Füsse in roten Kinderschuhen baumeln, ein Schnürband offen. Ich sitze auf einer kleinen Mauer in einem Zoo in Chile, vermutlich Santiago. Vor mir in der Tiefe ein Affe. Groß. Ich sag' mal: Schimpanse. Ich sag' mal: Schimpansenmutter. Der Schuh fällt runter, sie nimmt ihn, untersucht ihn, blickt hoch. Mein Vater rennt zum Kioskbesitzer nebendran. Der kennt ja seine Nachbarin. Er bedeutet ihr, den Schuh hochzuwerfen. Arriba! Arriba! Sie nimmt den Senkel, lässt den Schuh kreisen und schleudert ihn hoch. Er prallt an der Mauer ab. Dann nochmal. Beim zweiten Versuch segelt der rote Schuh über meinen Kopf, heraus aus dem Affengraben wieder auf unsere Seite.

Was siehst du, wenn du aus dem Fenster schaust?

Augenblicklich die Charité, eingerüstet.

Dein Lieblingsort in Berlin?

Bei meiner kleinen Tochter.

Was hast du immer dabei?

Meine Kinder, meine Lieben, meine Erinnerungen, meine Wut, meine Hoffnungen.

Welche Textstelle geht dir nicht mehr aus dem Kopf?

Viel hat von Morgen an,
Seit ein Gespräch wir sind und hören voneinander,
Erfahren der Mensch; bald sind wir aber Gesang.

– aus: Friedensfeier von Friedrich Hölderlin

Welchen Satz würdest du gerne mal auf der Bühne sagen?

Gracias a la vida.

Was muss sich sofort ändern?

Die Militarisierung der Welt.

Was macht dir Hoffnung für die Zukunft?

Die Letzte Generation.

Und zu guter Letzt: Welche drei Wörter verbindest du mit dem DT?

Geduld und Güte.