Gregor Gysi trifft Björn Engholm

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„Politische Kultur hieß für mich, Politik machen mit Stil, mit Anstand, wenn es geht mit ein bisschen Aura, mit ein bisschen Charisma, also alles das, was Kultur im ästhetischen Sinne bietet übertragen auf Politik. Das schließt nicht aus, dass man Fehler macht – Menschen sind fehlerhaft und fehlervoll. Die Frage ist, wie reagieren Sie dann auf Fehler?“ 
 
Als Nachfahre schwedischer Einwanderer wird Björn Engholm 1939 geboren. Trotz des frühen Todes des Vaters im Jahr 1955 bezeichnet sich Engholm als „Glückskind“, wächst mit der Mutter und der älteren Schwester auf, eine bürgerliche, behütete Kindheit und Jugend in der Stadt, der er sich bis heute verbunden fühlt – Lübeck. Er fliegt mit der Mittleren Reife vom Gymnasium, macht eine Lehre als Schriftsetzer. „Mein ganzes Leben war ein Bildungsweg“, sagt Engholm, der es auf dem zweiten Bildungsweg bis in die Universität schafft. Er studiert an der Universität Hamburg Politik, Volkswirtschaft und Soziologie.1962 tritt er in die SPD ein, ist von 1965-1969 Vorsitzender der Lübecker Jung-Sozialisten. Von 1969 bis 1983 ist Engholm Mitglied des Deutschen Bundestages. „Als wir 1969 in Bonn ankamen, hatten wir die Absicht, die ganze Welt zu ändern, nicht weniger“, sagt Engholm 2022 in einem Interview. 1977 wird Engholm als parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft in die von Bundeskanzler Helmut Schmidt geführte Bundesregierung berufen. 1981 übernimmt er das Amt des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Mit der Wahl Helmut Kohls 1982 zum Bundeskanzler endet Engholms Amtszeit als Bundesminister.1983 ist er erstmals Spitzenkandidat der schleswig-holsteinischen SPD. Die CDU unter Ministerpräsident Uwe Barschel kann ihre absolute Mehrheit jedoch weiter ausbauen. Die schleswig-holsteinische Landtagswahl 1987 ist schon von der sogenannten Barschel-Affäre überschattet. Die CDU verliert ihre absolute Mehrheit und Uwe Barschel tritt als Ministerpräsident zurück. Am 11. Oktober 1987 wird Barschel in Genf tot aufgefunden. Engholm wird 1988 zum Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein gewählt und lüftet nach Jahrzehnten einer CDU-Regierung einmal gesellschaftlich durch. Er holt Querköpfe wie den Kieler Professor Berndt Heydemann als Umweltminister in sein Kabinett, das er zur Hälfte mit Frauen besetzt. Plötzlich gibt es ein Naturschutzgesetz und einen Minderheitenbeauftragten. Doch Engholm weiß selbst, dass er nicht derjenige ist, der die Partei modernisieren kann. Er versucht Reformen, will die SPD für Seiteneinsteiger öffnen – und scheitert. Nach seiner Zeit als Bundesminister, als Ministerpräsident, als Parteivorsitzender und großer Hoffnungsträger der Sozialdemokratie Anfang der 90er Jahre tritt Björn Engholm 1993 von allen politischen Ämtern zurück, nachdem er wieder in den Fokus der Barschel-Affäre geriet. Der Rücktritt von allen Funktionen betrifft auch die Kanzlerkandidatur für die SPD zur Bundestagswahl 1994. Bereut hat er diesen Schritt nicht. „Gelegentlich muss man als Politiker, wenn man einen Fehler gemacht hat – der mich persönlich nicht so sehr belastet, muss ich sagen, der aber formal für das Rechtssystem und die Demokratie ein doch bedeutender Fehler war –, für den muss man eintreten, den muss man sühnen, weil das Volk sonst insgesamt, das Wahlvolk, denkt, die können sich alles leisten. Ich fand, es war ganz gut, dass einer mal – ich weiß nicht, ob es da auch andere gegeben hat, die so entschieden haben –, dass einer mal diesen Schritt konsequent tut und aussteigt.“ (Interview Deutschlandfunk 2007) 
 
Wir freuen uns sehr auf das Gespräch am 17. Dezember 2023 zwischen Gregor Gysi und Björn Engholm, der auch nach über sechzig Jahren in der SPD sagt: „Es gab nicht viele Dinge, die mich von meiner Partei getrennt hätten.“ 
 

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